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Wegen Gewalt: Wiederwahl von Chicagos Bürgermeisterin gefährdet
Aus Echo der Zeit vom 27.02.2023. Bild: REUTERS/Jim Vondruska
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Kampf gegen Kriminalität Chicagos Bürgermeisterin muss um Wiederwahl zittern

2019 war die Wahl von Lori Lightfoot zur Bürgermeisterin Chicagos eine Überraschung. Heute ist der Bonus von damals weg.

Lori Lightfoot ist seit 2019 die erste schwarze Frau an der Spitze Chicagos, der drittgrössten US-Stadt. Und die erste offen homosexuelle Bürgermeisterin.

Bei der Amtseinführung 2019 machte Lightfoot ein grosses Versprechen. Sie werde die Politik in der Stadt umkrempeln. Und in Anspielung auf Chicagos Ruf, korrupt zu sein, sagte sie: Sie wisse, dass es merkwürdig wirken könne, Integrität und Exekutive in Chicago im gleichen Satz zu nennen. Denn es heisse, Chicago sei reformunfähig. Doch das werde sich jetzt ändern.                

Lori Lightfoot bei einem Auftritt im Januar 2023.
Legende: 2019 war die Wahl von Lori Lightfoot eine Überraschung. Heute, vier Jahre später, muss sie zittern. Das dominierende Thema: Kriminalität. Keystone/Erin Hooley

Chicago ist seit vielen Jahrzehnten fest in der Hand der Demokraten. Manche Bürgermeister waren 20 Jahre oder länger im Amt. Chicagos Politiker sicherten ihre Macht mit einem System aus Vetternwirtschaft und Korruption ab.

Die korrupteste Stadt der USA

Dick Simpson ist emeritierter Politologie-Professor der University of Illinois. Der ehemalige parteilose Stadtrat kennt die Politik in Chicago wie wohl kaum ein anderer.

In Chicago wurden so viele Mitglieder der Stadtverwaltung wegen Korruption verurteilt und in ein Bundesgefängnis geschickt wie in keiner anderen Stadt.
Autor: Dick Simpson Emeritierter Politologie-Professor

Korruption präge die Stadt bis heute: «In Chicago wurden so viele Mitglieder der Stadtverwaltung wegen Korruption verurteilt und in ein Bundesgefängnis geschickt wie in keiner anderen Stadt. Illinois ist der drittkorrupteste Bundesstaat, Chicago die korrupteste Stadt in den USA.»

Lori Lightfoot kam als Aussenseiterin in dieses Polit-Umfeld. Im Bundesstaat Ohio geboren, zog die Juristin erst als Erwachsene nach Chicago. Sie wurde Staatsanwältin, leitete später die Behörde, die die Polizei beaufsichtigte.

Als sie 2019 zur Bürgermeisterinnen-Wahl antrat, galt sie als chancenlos. Den Wahlkampf dominierte dann aber ein Korruptionsskandal, in den ein langjähriger Stadtrat verwickelt war und zu dem die anderen Kandidierenden Beziehungen pflegten.  

Zum ersten Mal wurde eine afroamerikanische Kandidatin mit den Stimmen der Weissen in Chicago gewählt.
Autor: Dick Simpson Emeritierter Politologie-Professor

Lightfoot war davon unbelastet und holte in der entscheidenden Stichwahl wohl auch deshalb fast drei Viertel der Stimmen.

Dick Simpson, bis heute ein Unterstützer Lightfoots, sagt: «Das war ein bedeutender Sieg. Chicagos Bevölkerung ist etwa zu einem Drittel weiss, zu einem Drittel schwarz, zu einem Drittel Latino. Zum ersten Mal wurde eine afroamerikanische Kandidatin mit den Stimmen der Weissen gewählt.»

Wahlkampfthema Nummer 1: Kriminalität

Als Bürgermeisterin hat Lori Lightfoot etwa den Mindestlohn angehoben oder in die ärmsten Stadtteile investiert. Zudem beschnitt sie die Macht der Stadträte.

Andere Versprechen löste sie nicht ein, wie eine Amtszeitbeschränkung für Bürgermeister. Lightfoot habe die Korruption in Chicago eingedämmt; sie ganz zu beseitigen, dafür reiche eine Amtszeit nicht, sagt Simpson.

Ohnehin trat ihr Kampf gegen Korruption bald in den Hintergrund. Denn Lightfoot war in den letzten drei Jahren vor allem mit den Pandemie-Folgen beschäftigt. Nicht einlösen konnte sie auch ihr Versprechen, Chicago sicherer zu machen. Schiessereien und Morde nahmen gar noch zu, Kriminalität ist das wichtigste Wahlkampfthema.

Der Bonus ist weg

Und da gerät Lightfoot unter Druck. Sie wisse, dass sich die Menschen nicht sicher fühlten. Doch sie habe die richtige Strategie. Man müsse den Kriminellen die Waffen wegnehmen, sie zur Rechenschaft ziehen, und es brauche mehr Polizei.

Ob das bei den Wählerinnen und Wählern verfängt, ist fraglich. Lori Lightfoot muss vielmehr um ihre Wiederwahl bangen. Anders als 2019 ist sie heute nicht mehr die unbelastete Aussenseiterin, die glaubwürdig grundlegende Reformen versprechen kann.
                

Echo der Zeit, 27.02.2023, 18:00 Uhr

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