Das Wichtigste in Kürze:
- Angela Merkel kandidiert wieder für das Kanzleramt und den CDU-Vorsitz.
- Das Kanzleramt wird im Nachgang der Bundestagswahlen im Herbst 2017 neu vergeben.
- Die CDU wählt ihre Sitze am 6. Dezember neu. Merkel gilt in der Partei als konkurrenzlos.
Jetzt ist es durch: Angela Merkel will an der Macht bleiben. Beim Parteitag am 6. Dezember in Essen tritt sie wieder als CDU-Chefin an – und ist auch zur vierten Kanzlerkandidatur bereit.
Die Menschen hätten in diesen Zeiten wenig Verständnis, «wenn ich jetzt nicht noch einmal meine ganze Erfahrung und das, was mir an Gaben und Talenten gegeben ist, in die Waagschale werfen würde, um meinen Dienst für Deutschland zu tun», sagte die 62-Jährige am Sonntagabend in Berlin.
Ich brauche lange und die Entscheidungen fallen spät – dann stehe ich aber auch dazu.
Die Entscheidung ist Merkel offenbar nicht leicht gefallen: «Ich habe sprichwörtlich unendlich viel darüber nachgedacht. Die Entscheidung für eine vierte Kandidatur ist nach elf Amtsjahren alles andere als trivial.» Sie erwarte nicht nur Herausforderungen von Rechts und von Links und eine starke Polarisierung der Gesellschaft. Auch europäisch und international drohten Anfechtungen «für unsere Werte» und «unsere Art zu leben».
Einschätzung von SRF-Korrespondent Adrian Arnold
Hohe Erwartungen nach Wahl Trumps «grotesk»
Die Bundeskanzlerin empfindet die teils hohen Erwartungen an eine mögliche weitere Amtszeit von ihr nach eigenen Worten als übertrieben. All das, was damit besonders nach dem Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentenwahl verbunden werde, «das ehrt mich zwar, aber ich empfinde es auch sehr stark als grotesk und geradezu absurd», erklärte Merkel.
«Kein Mensch alleine, auch nicht mit grösster Erfahrung, kann die Dinge in Deutschland, Europa, in der Welt mehr oder weniger zum Guten wenden, und schon gar nicht eine Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland.»
Insgesamt gehe es in der Politik um den Ausgleich von Interessen. «Mein Ziel in der Politik ist es, für den Zusammenhalt in unserem Land zu arbeiten», betonte Merkel. Sie freue sich auf die politischen Auseinandersetzungen in den kommenden Monaten. «Wir werden sie unter Demokraten führen und im Ton der Demokraten.»
Populisten will sie im kommenden Wahlkampf denn auch nicht mit einer grundlegenden Kurskorrektur bekämpfen. Mit der jetzigen Politik sei Deutschland gut gerüstet.
Ich glaube, dass wir gut gerüstet sind, mit einer Politik von Mass und Mitte Halt und Orientierung zu geben.
Auf den Spuren Helmut Kohls
Merkel hatte auch schon zuvor erklärt, dass ihrer Ansicht nach der Parteivorsitz und das Kanzleramt in Personalunion zu führen sind. In den vergangenen Tagen haben sich immer mehr Unionspolitiker dahingehend geäussert, dass sie für beide Ämter erneut antreten wird. Auch der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel machte deutlich, dass er damit rechnet.
Die CDU bestimmt am 6. Dezember beim Bundesparteitag in Essen ihren Vorsitz neu. Merkel ist seit April 2000 CDU-Vorsitzende und seit November 2005 Kanzlerin. Sollte sie 2017 zum vierten Mal gewinnen, hat sie die Chance, CDU-Mitbegründer Konrad Adenauer und auch Rekordhalter Helmut Kohl einzuholen. Adenauer war 14 Jahre, Kohl 16 Jahre Bundeskanzler.
Internationale Unterstützung
Merkel gilt als konkurrenzlos in der CDU – trotz der Flüchtlingskrise im vorigen Jahr und trotz der daraufhin einbrechenden Beliebtheitswerte. International wird sie nach dem Wahlsieg von Donald Trump in den USA als letzte Verteidigerin westlicher Werte gesehen. Der scheidende US-Präsident Barack Obama outete sich als Merkel-Fan. Er nannte sie «zäh» und erklärte bei seinem Abschiedsbesuch am Donnerstag, wäre er Deutscher, würde er sie wählen.
Die Christdemokraten berieten am Sonntag über einen Leitantrag für den Parteitag, der auf Merkel zugeschnitten ist. Der Titel lautet: «Orientierung in schwierigen Zeiten – für ein erfolgreiches Deutschland und Europa». Die CDU will enttäuschte Wähler zurückgewinnen. Nötig seien konkrete Lösungen, «auch wenn ihre erfolgreiche Umsetzung manchmal schwierig ist und Zeit braucht».
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Bild 1 von 12. Emden / Juli 2005. Und so fing alles an: Beim Nominierungsparteitag der CDU wird Angela Merkel zur Spitzenkandidatin der Partei gekürt. Die Wahlprognosen sagen einen deutlichen Sieg gegen Amtsinhaber Gerhard Schröder voraus. Am Ende wurde es aber ein Wimpernschlag-Finale – mit dem glücklicheren Ausgang für Merkel. Bildquelle: Getty Images.
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Bild 2 von 12. Köln / Mai 2016. Den Durchblick verlor Merkel nur selten – auch wenn zuweilen der Eindruck entstanden sein mag. «Wenn es einen Konflikt gibt, hält sie sich gerne auf der Zuschauertribüne auf», sagte Berlins Ex-Bürgermeister über die Kanzlerin. Andere fassten sich kürzer: «Merkel sitzt Probleme gern aus.». Bildquelle: Getty Images.
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Bild 3 von 12. Berlin / März 2015. Euro-Krise, Finanzkrise, Atomausstieg und Flüchtlingskrise – dass alles dürfte der Kanzlerin das ein oder andere graue Haar beschert haben – aber mehr noch ihren Gegnern. Innenpolitisch hat sich bisher jeder Widersacher die Zähne an ihr ausgebissen. Unterschätzt wird sie nicht mehr – wohl eher gefürchtet. Bildquelle: Getty Images.
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Bild 4 von 12. Berlin / Juli 2015. Wirklich amtsmüde wirkte Angela Merkel während ihrer Kanzlerschaft nie. Die Flüchtlingskrise und das Aufkommen eines neuen Nationalismus im In- und Ausland hinterliessen aber auch bei ihr Spuren. Dass nun erneut für die CDU ins Rennen um die Kanzlerschaft geht, überrascht dennoch kaum. Bildquelle: Getty Images.
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Bild 5 von 12. Dresden / Juni 2009. Zwei, die sich gut verstehen: Das Verhältnis zwischen Merkel und Obama darf wohl als hervorragend bezeichnet werden. Daran änderten auch die kurzzeitigen Verstimmungen wegen der Abhöraffäre des Handys der Kanzlerin durch die NSA 2013 nichts. Merkel sagte damals: «Ausspähen unter Freunden – das geht gar nicht.» Es blieb bei der verbalen Schelte. Bildquelle: Getty Images.
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Bild 6 von 12. Berlin / April 2016. Wenn ein Blick mehr sagt, als tausend Worte: Ziemlich beste Freunde waren CSU-Chef Horst Seehofer und Kanzlerin nie. Mit der bajuwarischen Überheblichkeit konnte sich Merkel zwar arrangieren, die Giftpfeile aus München im Zuge der Flüchtlingskrise dürften allerdings im Binnenverhältnis erheblichen Schaden angerichtet haben. Bildquelle: Getty Images.
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Bild 7 von 12. Berlin / Oktober 2010. Die Emanzipation vom politischen Ziehvater Helmut Kohl war für beide Seiten schmerzhaft. Erst mit der Zeit wurde das Verhältnis wieder besser. Gänzlich gekittet ist es aber bis heute nicht. So kritisierte Kohl die Kanzlerin für deren Flüchtlingspolitik: «Einsame Entscheidungen (...) und nationale Alleingänge müssen der Vergangenheit angehören.». Bildquelle: Getty Images.
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Bild 8 von 12. Berlin / Juni 2015. «Das Phantom an Merkels Seite», titelte einst die Zeitung «Die Welt» über Joachim Sauer, den Mann der Kanzlerin. Der Quantenchemiker gilt als Fachmann mit internationalem Ruf. Berufskollegen schätzen seine analytischen Fähigkeiten. Öffentliche Auftritte sind selten. Öffentliche Äusserungen von ihm gibt es kaum – schon gar nicht zur Politik. Bildquelle: Getty Images.
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Bild 9 von 12. Rio de Janeiro / Juli 2014. Das Politiker sich mit Erfolgen von Sportlern schmücken, ist keine rein deutsche Erfindung. Aber natürlich genoss Merkel über die Jahre die Erfolge der deutschen Fussball-Nationalmannschaft. Kein Wunder also, dass sie im Moment des grössten Triumphs nicht fehlen durfte und mit Kickern und Pokal posierte. Bildquelle: Getty Images.
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Bild 10 von 12. Erfurt / November 2016. Egal, wie auch immer einmal über Merkels Amtszeit geurteilt werden mag, eins kann ihr keiner nehmen: die Merkel-Raute. Der Begriff besitzt inzwischen sogar einen eigenen Wikipedia-Eintrag. Eine Wachsfigur mit entsprechender Geste steht bei Madame Tussauds. Merkel selbst erklärte 2012, die Raute helfe ihr, den Rücken gerade zu halten. Bildquelle: Getty Images.
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Bild 11 von 12. Berlin / Januar 2015. Eine Spassbremse war Merkel in ihrer Amtszeit nie – trotz ihres herben vorpommernschen Charmes. Ob sie allerdings viel mit der rheinischen Fröhlichkeit anfangen konnte, darf bezweifelt werden. Dennoch machte sie stets gute Miene zum fröhlichen Spiel – eine Vorgehensweise, die sich vermutlich auf dem Politikparkett bewährte. Bildquelle: Getty Images.
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Bild 12 von 12. Auckland (Neuseeland) / November 2014. Zeit für Zärtlichkeiten: Als besonders touchy galt die Kanzlerin nie. Deshalb sind Bilder wie dieses, entstanden bei einer offiziellen Begrüssungszeremonie in Neuseeland eher selten. Denn generell hält Merkel Menschen bestimmt aber freundlich eher auf Abstand. Bildquelle: Getty Images.