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Die Katastrophe von Kaprun jährt sich zum 20. Mal.
Aus Tagesschau vom 11.11.2020.
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Katastrophe in Kaprun 2000 «Die Gletscherbahn war eine tickende Zeitbombe»

  • Vor 20 Jahren bricht im Skigebiet in Kaprun, Österreich, im unteren Teil der Standseilbahn ein Brand aus.
  • Der Zug brennt aus, 155 Menschen kommen ums Leben.
  • Grund für das Feuer war der in Eigenregie umgebaute Heizlüfter – das Öl und der Glühdraht des Heizlüfters sei die tödliche Kombination gewesen.
  • Die 16 Angeklagten wurden 2004 freigesprochen.

Am 11. November 2000 bricht im Kiezsteinhorn, dem beliebten Skigebiet in Österreich, im unteren Teil der Standseilbahn ein Brand aus. Die Bahn kommt im drei Kilometer langen Tunnel zum Gletscherplateau zum Stehen.

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Aus dem Archiv: Standseilbahn-Unglück
Aus Tagesschau vom 11.11.2000.
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Der 47-Jährige Markus Hiltel leitete damals eine Reisegruppe. Mit 49 Teilnehmenden waren sie nach Kaprun gekommen, 20 von ihnen starben.

Hiltel ist sichtlich bewegt, als er über das Unglück spricht. Er selbst sass damals nicht in der Bahn. Sein Vater aber und seine Freundin waren an Bord. Die Freundin starb, der Vater ist einer der wenigen Überlebenden. Ein Interview will er aber nicht geben, zu sehr wühlen ihn die Erinnerungen auf, sagt sein Sohn. Mit letzter Kraft habe sich sein Vater retten können. Weil es keine Nothämmer im Zug gab, habe der Vater mit den Skiern eine Scheibe eingeschlagen.

Mitglieder der Bergungsmannschaft betrachten den ausgebrannten Zug vier Tage nach der Katastrophe.
Legende: Mitglieder der Bergungsmannschaft betrachten den ausgebrannten Zug vier Tage nach der Katastrophe. Keystone

Gemeinsam mit elf weiteren Passagieren flüchtete der heute 71-Jährige aus dem Tunnel, nach unten in Richtung Tunneleingang, wo der Rauch nicht hinzog. Fast 600 Meter mussten sie über eine Nottreppe laufen – in klobigen Skistiefeln und Dunkelheit. «Sie hielten sich an einem Stahlseil fest, stürzten immer wieder», berichtet der Sohn.

Die Katastrophe von Kaprun ist die schlimmste Katastrophe in der österreichischen Nachkriegsgeschichte. Bis heute herrscht Leid und die Frage, ob der Freispruch von 2004 für 16 Angeklagte wirklich das letzte juristische Wort ist.

Heizlüfter wurde umgebaut

«Die Gletscherbahn war eine tickende Zeitbombe», ist Anwalt Gerhard Podovsovnik, der für die Opfer einsteht, immer noch überzeugt. Es seien sehr viele nicht erlaubte Gegenstände an Bord gewesen. Der von der baden-württembergischen Firma Fakir hergestellte Heizlüfter «Hobby TLB», der laut Gericht das Unglück verursacht hat, sei von den Betreibenden in eigener Regie umkonstruiert worden und habe so alle Zertifizierungen verloren. «Der Heizlüfter war vor dem eigenmächtigen Umbau technisch einwandfrei in Ordnung.»

In der 1993 umgebauten Gletscherbahn hätten die Fahrer wegen der eiskalten Zugluft gefroren. Die Heizlüfter seien völlig unfachmännisch eingebaut worden – direkt neben Ölleitungen. Öl und der Glühdraht eines Heizlüfters seien eine tödliche Kombination gewesen, schreiben zwei Journalisten in ihrem Buch «155 – Der Kriminalfall Kaprun».

Anwalt sieht eine letzte Chance

Für die Gletscherbahn Kaprun AG ist der Fall abgeschlossen. Rund 25 Jahre lang habe die 1974 in Betrieb genommene Standseilbahn, die die Skisportler in achteinhalb Minuten auf das Areal rund um das 3200 Meter hohe Kitzsteinhorn brachte, einwandfrei funktioniert, sagt Sprecher Harald Schiffl. «Das ist eine tolle Geschichte» und eine sehr sichere Art des Transports, habe man damals gedacht.

Der Anwalt sieht eine gewisse Chance, das Verfahren zivilrechtlich noch einmal ins Rollen zu bringen. In Europa gebe es zwar keine Aussicht, aber über den Umweg der USA – acht Opfer stammten von da – lasse sich eventuell etwas machen. Gefragt nach dem stärksten Eindruck der damaligen Gerichtsverhandlung muss Anwalt Podovsovnik nicht lange nachdenken: «Es war das Scheitern des österreichischen Rechtssystems und die Übermacht der österreichischen Skiwirtschaft.»

Tagesschau, 11.11.20, 12:45 Uhr;

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