Zum Inhalt springen

Kein Verbot von Killerrobotern «Die Zeit ist nicht günstig für Rüstungskontrollen»

Im Rahmen der Genfer Waffenkonvention der UNO beraten seit fünf Jahren Vertreter dutzender Länder über ein Verbot von so genannten Killerrobotern. Killerroboter sind tödliche autonome Waffensysteme, die durch einen Algorithmus, ein Programm, entscheiden, wen sie eliminieren. Frank Sauer ist Politologe und bei den Beratungen in Genf dabei. Er setzt sich für ein Verbot ein. Eine Übereinkunft wurde bis jetzt allerdings nicht erreicht.

Frank Sauer

Politikwissenschaftler

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Sauer ist Politikwissenschaftler an der Universität der Bundeswehr München.

SRF News: Warum ist bis jetzt kein Verbot für Killerroboter zustande gekommen?

Frank Sauer: Inzwischen ist relativ klar, dass die Grossmächte, die USA, China und Russland keinen Fortschritt sehen wollen. Es gibt keine Bereitschaft von ihrer Seite, in irgendeiner Form ein rechtlich bindendes Instrument zu entwickeln.

Wie erklären Sie sich das?

Die Zeit ist nicht sonderlich günstig für Rüstungskontrollen. Bestehende Rüstungskontroll-Verträge erodieren ja eher und der INF-Vertrag ist gerade kürzlich gekündigt worden. In den Bereichen, in denen man neue Rüstungskontrollen bräuchte, gibt es keine Bereitschaft, irgendwie tätig zu werden. Im Gegenteil, mein Eindruck ist, dass wir uns eher auf eine Art neuen Rüstungswettlauf zwischen den Grossmächten zubewegen.

Es wäre ein Gewinn, wenn wir ein neues Völkerrecht hätten, das die Frage klärt, wie im Krieg im 21. Jahrhundert die Interaktion zwischen Mensch und Maschine geregelt ist.

Woran erkennen Sie das?

Im Verhältnis China-Russland existiert zum Beispiel eine Rivalität. Mit Blick auf die Machtprojektion im pazifischen Raum gibt es da einen Interessenkonflikt zwischen diesen Ländern. Was in Genf diskutiert wird, nämlich das Ummünzen künstlicher Intelligenz, hat sehr viel damit zu tun, dass auch die USA und China sich gegenseitig aufschaukeln.

Kann man die Bremser bei der UNO nicht ausbremsen, indem man auf einem anderen Weg ein Verbot für Killerroboter erreicht, wie es beim Verbot für Streubomben und Landminen gemacht wurde?

Grundsätzlich ist das eine Möglichkeit. Bei den Streubomben und den Antipersonenminen war das Gremium der UNO nur ein Inkubator für einen Prozess, der dann ausserhalb dieses Rahmens zu Ende geführt wurde und der in einem völkerrechtlich bindenden Vertrag gemündet hat: Streubomben und auch Antipersonenminen sind geächtet.

Durch die Existenz einer Norm im internationalen System entsteht ein gewisser Druck.

Doch dann sind die Grossmächte nicht dabei.

Exakt. Man muss realistisch sein. Wenn die Schlüsselspieler nicht dabei sind, dann hat man einen Vertrag, den vielleicht 150 Staaten tragen und der für sie bindend ist. Aber diejenigen, die man am dringendsten dabeihaben sollte, sind eben nicht dabei. Aber es wäre besser als gar nichts. Man sollte diese Möglichkeit jedoch nicht ad acta legen oder verteufeln. Denn durch die Existenz einer Norm im internationalen System entsteht ein gewisser Druck, wie das Beispiel des Antipersonenminenverbots zeigt. Die USA, die zwar nicht Teil dieses Vertrages sind, verhalten sich trotzdem vertragskonform. Es wäre ein Gewinn, wenn wir ein neues Völkerrecht hätten, das die Frage klärt, wie im Krieg im 21. Jahrhundert die Interaktion zwischen Mensch und Maschine geregelt ist. Und wer fürs Töten Verantwortung übernehmen soll.

Wie gross ist Ihre Zuversicht, dass es bald mit oder ohne UNO zu einem Verbot von Killerrobotern kommt?

In naher Zukunft erwarte ich kein völkerrechtlich bindendes Instrument, das im Rahmen der UNO erwirkt werden kann. Wir werden die nächsten paar Jahre mit einer Art Patchwork aus verschiedenen Regulierungen leben müssen. Ich könnte mir vorstellen, dass sich die Nato, die EU und einzelne Länder dazu Doktrinen auferlegen. Mittelfristig kann vielleicht die UNO doch eine Regelung schaffen.

Das Gespräch führte Christoph Kellenberger.

Meistgelesene Artikel