Seit einem Jahr wird Honduras erstmals von einer Frau regiert. Was Xiomara Castro bisher vorzuweisen habe, sei allerdings bescheiden, sagt die Journalistin Thelma Mejía. Zu den bescheidenen Erfolgen gehöre die Verbilligung von Gas, Benzin oder Strom. Auch Honduras leidet unter der Teuerung und diese habe die Präsidentin dämpfen können.
Auch bei den Menschenrechten habe Castro etwas erreicht. Sie setzte sich etwa ein für den Schutz von Transpersonen – kein leichtes Unterfangen im sehr konservativen Honduras.
Korruption und Gewalt ohne Ende
Doch in ganz entscheidenden Punkten habe die erste linke Präsidentin von Honduras bisher nichts geliefert. So hatte Castro im Wahlkampf versprochen, eine Kommission einzusetzen, die mithilfe der UNO den Kampf gegen Korruption und Straflosigkeit aufnehmen soll. Doch: «Die Regierung macht nicht vorwärts», so Mejía.
Das aber wäre dringend nötig, denn Honduras gehört zu den korruptesten und gefährlichsten Ländern der Welt. Unter Castro habe die Kriminalität sogar noch zugenommen. Die Mordrate, speziell jene an Frauen, bleibe hoch. Und auch die Erpressung von Schutzgeldern nehme weiter zu. Besonders stark betroffen sind Chauffeure von Bussen oder Lastwagen.
«Täglich werden irgendwo im Land Fahrer von kriminellen Banden angehalten, bedroht und erpresst. Wer nicht zahlt, wird oft kaltblütig ermordet», beklagt die Journalistin.
Ausnahmezustand in der Hauptstadt
Die weit verbreitete Gewalt führte dazu, dass Castro in den letzten Monaten an Popularität einbüsste. Die Präsidentin reagierte darauf mit der Verhängung des Ausnahmezustandes über die Hauptstadt Tegucigalpa und über die zweitgrösste Stadt San Pedro Sula.
Dort sind nun viele Polizisten und Soldaten in den Strassen. Sie dürfen Leute nach Belieben verhaften. Das grosse Problem dabei: Polizei und Armee sind oft selbst unterwandert und korrupt. Die Journalistin Mejía glaubt aber nicht, dass es Castro mit dem Ausnahmezustand gelingt, die Gewalt im Land nachhaltig zu verringern. Das Gegenteil könnte der Fall sein.
Enttäuscht von der ersten Frau an der Spitze des Staates sind wegen der alltäglichen Gewalt vor allem die Frauen. Und auch weil in Honduras jede Form des Schwangerschaftsabbruchs, selbst die Pille danach, verbietet und bestraft wird. Selbst nach einer Vergewaltigung. Daran hat auch Castro nichts geändert.
Ex-Präsident Hernandez mischt weiter mit
In vielen zentralen Fragen sei ihre Regierung blockiert, sagt Mejía. Das liege auch an den zwei starken Männern von Honduras. Der eine ist Castros Amtsvorgänger Juan Orlando Hernandez, der in den USA im Gefängnis sitzt. Ihm wird Drogenhandel vorgeworfen.
Trotzdem verfügt Hernandez noch immer über viel Geld und vor allem ein dichtes Netz von Gefolgsleuten. Sie sitzen auf wichtigen Posten in Wirtschaft und Verwaltung und Hernandez zieht noch immer an den Fäden.
Gleiches gelte für einen anderen Ex-Präsidenten, für Mel Zelaya. Er ist der Ehemann der aktuellen Präsidentin Castro. Zelaya regiere kräftig mit, sagen viele in Honduras. Und so habe Castro bisher keine klare, verlässliche Linie gefunden.