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Keine Entscheidung in Ramstein Deutschland will nicht blockieren, aber genau das tut es

«Ganz eindeutig, es gibt kein einheitliches Meinungsbild.» So begründet Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius den Nicht-Entscheid am Ukraine-Unterstützer-Treffen in Ramstein und spielt so auf Zeit. Deutschland legt Wert darauf, nicht als Blockierer dazustehen, aber genau das tut es. Denn Berlin bestimmt, wie es weitergeht.

Der fast zwei Meter grosse Austin hält seinen Arm an der Schulter von Resnikow, einen Kopf kleiner und Pistorius lacht.
Legende: US-Verteidigungsminister Lloyd Austin (R) legt bei der Ukraine-Konferenz in Ramstein seinen Arm um den ukrainischen Verteidigungsminister Olexij Resnikow, als der neue Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (L) lachend hinzukommt. Keystone / Boris Roessler

Für die Ukraine gelten Kampfpanzer westlicher Bauart als zentral, um gegen russische Truppen zu bestehen und Gebiete zurückzuerobern. Das ist seit Langem bekannt. Dass sich Deutschland geradezu windet, einen Entscheid zu fällen, stösst auf viel Unverständnis, droht die Nato zu spalten und wird Deutschland viel Vertrauen kosten.

Man will jetzt zuerst nachzählen, welche Leopard-Kampfpanzer überhaupt bei der Bundeswehr und der Industrie herumstehen. Das offenbart den Widerwillen, mit dem Berlin in dieser Sache bisher unterwegs war. Die Dringlichkeit der Kriegssituation scheint nicht angekommen zu sein.

Scholz steht für Zögerlichkeit, nicht für Führungsstärke

Es passt dazu, wie quälend lange sich Bundeskanzler Olaf Scholz schon bisher Zeit liess. Seit Monaten verlangen seine eigenen Regierungspartner und die grösste Oppositionsfraktion nach deutschen Kampfpanzern. Mehrere Nato-Verbündete forcieren die Lieferung aus eigenen Beständen. Doch Deutschland hält jeglichem Druck Stand.

Nichts gegen Besonnenheit: Dass es kein leichter Entscheid für Deutschland ist, Kampfpanzer in den von Russland angezettelten Krieg zu entsenden, ist grundsätzlich gut. Die Gefahr einer nuklearen Eskalation war zwar schon grösser, gebannt ist sie jedoch nicht.

Wenn es um die Frage nach Waffenlieferungen geht, wiederholte sich bisher stets das gleiche Muster: Scholz winkt ab, wartet ab und lenkt dann irgendwann ein. Mit seiner bemüht wirkenden Nicht-Kommunikation sorgt er für Kopfschütteln.

Nicht ohne seine Partei

Jetzt verlängert Scholz das Trauerspiel um die Kampfpanzer um einen weiteren Akt. Das ist genau nicht jene Führung, die sich viele zu Hause und international von Deutschland wünschen und auch nicht jene, die Scholz versprach.

Scholz ist sich allerdings treu geblieben: «Keine Alleingänge» ist sein Mantra. Er sucht dabei stets den Gleichtakt mit den USA. Diese und seine Zurückhaltung sind auch der SPD geschuldet. Ein Teil der Partei tut sich sehr schwer mit Waffenlieferungen. Vielen in der SPD hat Scholz mit seiner angekündigten «Zeitenwende», der Aufrüstung der Bundeswehr, viel abverlangt. Der Bundeskanzler aber braucht geschlossene Reihen hinter sich.

Schon donnern die Kampfjets am politischen Horizont

Deutschland mag also diesen Entscheid hinauszögern, aber der Krieg und die politische Dynamik haben ihr eigenes Tempo. Russland bereitet eine Offensive vor und bereits gibt es den Ruf nach Kampfjets. Bisher setzte Deutschland stets rote Linien, überschritt und verschob sie. Aber die einzigen roten Linien dieses Kriegs sind die Blutspuren, die Russland durch die Ukraine zieht.

Simone Fatzer

Deutschland-Korrespondentin

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Simone Fatzer arbeitet seit 1998 für Radio SRF, unter anderem als Moderatorin der Sendung «Echo der Zeit» und als Dossierverantwortliche für Deutschland. Seit September 2021 ist sie Korrespondentin in Berlin.

Echo der Zeit, 20.01.2023, 18:00 Uhr

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