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Keine Meinungsfreiheit China sperrt Clubhouse-App

In China öffnete sich in den vergangenen Tagen ein kleines Fenster der Meinungsfreiheit: Die Smartphone-App Clubhouse. Diskutiert wurde auch über politische Themen. Sehr zum Missfallen der chinesischen Behörden, die jetzt gegen die App vorgehen.

In der App Clubhouse diskutieren Dutzende chinesische Userinnen und User in der Chatgruppe «Zugemauert». Clubhouse ist eine soziale Audio-Plattform, in der man virtuell Räume zu verschiedenen Themen betreten kann und zuhört oder selbst mitdiskutiert.

Seit Montagabend ist die beliebte App in China von den Behörden blockiert. Es kommen nur noch User hinein, die VPN nutzen, eine Software, um Chinas Zensurmauer zu umgehen.

Diskussionen auch über heikle Themen

Besonders aktiv auf der App ist auch der Chinese mit dem Pseudonym Richard. In den vergangenen Tagen habe er deshalb zu wenig geschlafen. Denn die Gespräche dort sind spannend: «Ich habe einem Gespräch zugehört, in dem es um Taiwan und Hongkong geht. Zuerst haben die Leute sehr intensiv über Politik diskutiert, danach auch über kulturelle Unterschiede. Das fand ich ziemlich gut.»

Die Leute hätten frei reden können und sich gegenseitig zugehört. «Gestern kurz vor der Sperrung, diskutierten noch Leute über ein gewisses Thema aus den 80er-Jahren, es kamen sogar politisch heikle Personen in den Raum.» Gemeint ist ein Gespräch zum Tiananmen-Massaker 1989, in dem unter anderem auch ein damaliger Studentenführer sprach, der heute im Exil in den USA lebt.

Gut informierte Anwender

Der Hongkonger Menschenrechtsaktivist Patrick Poon beobachtet Clubhouse von Hongkong aus. Er hat in den vergangenen Tagen einige Räume auf Clubhouse besucht, und zeigt sich überrascht, wie gut viele Chinesen Bescheid wissen. «Anhand der guten Fragen, die sie stellen, zeigt sich wie lange sie sich schon damit beschäftigen»

Besonders überrascht habe ihn, dass er von den festlandchinesischen Usern keine negativen Kommentare über die uigurische Minderheit oder die Menschen in Hongkong gehört habe. «Sie sagten, sie hätten zwar all diese Jahre hinter der Zensurmauer verbracht, aber würden die Situation in Hongkong oder in Taiwan verstehen. Und sie hegten Sympathien für die Uiguren, aber könnten sich hinter der Zensurmauer nicht dazu äussern.»

Wie repräsentativ diese Meinungen sind, ist schwer zu sagen. So läuft die App Clubhouse nur auf dem iPhone. Heisst: die meisten User dürften finanziell besser gestellt, eher jung und urban sein.

Zahlreiche Sperren

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Dass China unliebsame Webseiten sperrt, ist nicht neu. Twitter, Facebook, YouTube – sie sind alle gesperrt. Das gilt auch für viele ausländische Medien. Sogar die Webseite und Apps von SRF ist von den Behörden gesperrt.

«Wir wussten, dass die App eines Tages gesperrt werden würde, so Cindy. «Das war eigentlich allen klar. Nur, dass es gerade so schnell gehen würde, hätte ich nicht gedacht.»

Ich denke ein wichtiger Grund ist, dass eine solche Plattform von den Behörden nicht so leicht kontrolliert werden kann.
Autor: Cindy App-Userin zur Sperrung

Dass auch Clubhouse gesperrt würde, könne sie nachvollziehen. «Ich denke ein wichtiger Grund ist, dass eine solche Plattform von den Behörden nicht so leicht kontrolliert werden kann. Anders als bei Texten und Bildern, die man vergleichsweise leicht filtern kann.» Spontane Äusserungen in Audionachrichten seien für die Behörden schwieriger zu überprüfen.

Fenster der Meinungsfreiheit wieder zu

Im Chatraum «Zugemauert» wurde nach der Sperrung weiter diskutiert, via VPN. Doch einige äusserten auch Angst. So wünschte sich ein User weniger Kritik an der Politik und mahnte die Teilnehmenden zur Vorsicht. Eine Userin bemerkte, dass die Internetpolizei sich unbemerkt unter die Zuhörenden mischen und gegen besonders kritische Personen vorgehen könnte.

Neuanmeldungen mit einer chinesischen Telefonnummer sind ohnehin nicht mehr möglich. Das bis gestern offene Fenster der Meinungsfreiheit ist bereits wieder zu.

Echo der Zeit, 09.02.2021, 18 Uhr ; 

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