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Kim Jong-un in China «Xi macht Ansagen und Kim macht sich fleissig Notizen»

Nachdem China offiziell bestätigt hat, dass der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un tatsächlich einen inoffiziellen Staatsbesuch in Peking gemacht hat, stellt sich die Frage, was das Ziel davon war. ARD-Korrespondent Steffen Wurzel hat sich mit dem Treffen auseinandergesetzt.

Steffen Wurzel

ARD-Korrespondent in Shanghai

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Seit September 2016 ist Wurzel als Korrespondent im ARD-Hörfunkstudio Schanghai schwerpunktmässig zuständig für die Wirtschaftsberichterstattung aus China.

SRF News: Wie wurde Kim Jong-un in Peking empfangen?

Steffen Wurzel: Mit grossem Pomp und viel rotem Teppich. Interessant ist aber, dass von beiden Seiten betont wird, dass es ein inoffizieller Besuch war. Es war der erste Auslandsbesuch von Kim Jong-un überhaupt. Man hätte ihn auch in etwas bescheidenerem Rahmen empfangen können, aber es war das volle Programm. Die Ehefrauen waren auch beteiligt, deshalb erhielt das Ganze einen offiziellen Touch. Es gab ein offizielles Staatsbankett. Die ganze Ministerführungsriege, die etwas zu sagen hat, war dabei, von beiden Seiten. Es war ein sehr grosser Empfang, perfekt durchorchestriert.

Was war das Ziel von Kim Jong-un bei diesem Treffen?

Es gibt zwei Aspekte. Der eine ist, dass sich Nordkorea grundsätzlich wieder dem grossen Nachbarn annähern will. Nordkorea ist das abgeschottetste Land der Welt, und doch braucht es jemanden, auf den es sich militärisch, sicherheitspolitisch und diplomatisch verlassen kann.

Nordkorea wollte sich vor dem Treffen mit Südkorea und den USA Rückendeckung holen.

Zweitens ist seit den olympischen Winterspielen im Februar Bewegung in den Atom- und Raketenstreit gekommen. Nordkorea wollte sich vor dem Treffen mit Südkorea und den USA Rückendeckung holen. Sie wollen sich absichern, welche Dinge sie den Südkoreanern oder den USA zusagen können, wenn es um Entmilitarisierung und um langfristige Friedenssicherung geht.

Was erwartet China von Nordkoreas Treffen mit Südkorea und den USA?

Für China ist es schwierig. Einerseits hat China ein Interesse daran, dass dieser Atom- und Raketenkonflikt gelöst wird. Man hat überhaupt gar kein Interesse, dass ein Staat wie Nordkorea mit Atomwaffen herumfuchtelt. Andererseits hat man auch kein Interesse, dass Nordkorea ein gutes Verhältnis zu den USA hat.

Man möchte auf jeden Fall den Eindruck vermeiden, dass irgendetwas ohne China geht.

Man möchte auf jeden Fall den Eindruck vermeiden, dass irgendetwas ohne China geht. Da ist ganz wichtig, dass man den Nordkoreanern vermittelt, dass China der Chef ist. Nordkorea kann mit den Südkoreanern und mit den Amerikanern verhandeln, aber wenn es wichtig wird, muss man in Peking vorstellig werden.

Der chinesische Präsident Xi macht in diesen Fernsehbildern nicht den Eindruck, als würde er viel zuhören. Xi macht die Ansagen und Kim Jong Un macht sich fleissig Notizen.

Warum wurde das Treffen im Vorfeld denn so lange geheim gehalten?

Die chinesische Regierung kontrolliert inzwischen alle Medien. Insofern konnte die chinesische Führung etwas machen, was bei uns undenkbar wäre, nämlich einen Staatsbesuch geheim halten. Es war ein Staatsbesuch von grosser internationaler Bedeutung, mit Sicherheitsaufgebot und allem. Internationale Reporter waren nicht zugelassen. Zugelassen waren nur Kollegen der staatlichen Propagandamedien. Was diese verbreiten, sind grosse Erfolgsmeldungen. Ob die Stimmung wirklich so gut war, wie sie beschrieben wird, das können wir nicht abschätzen.

Das Gespräch führte Teresa Delgado.

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