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Nordkorea
Legende: Kim Jong-Un versus Donald Trump: Die Kriegsrhetorik steigert sich immer mehr. Reuters

Kim vs. Trump Und nun der Krieg?

Nordkorea droht den USA ganz konkret mit einem Raketenangriff auf deren Luftwaffenbasis Guam. Die Planung dafür habe schon begonnen. Dennoch: Es ist unwahrscheinlich, dass Pjöngjang diese Drohung wahr macht. Trotzdem ist die immer kriegerischere Rhetorik brandgefährlich.

Um abzuschätzen, wie wahrscheinlich es ist, dass der nordkoreanische Diktator seinen Worten Taten folgen lässt, muss man zuerst die Frage beantworten: Handelt das Regime irrational – wie jene Medien unterstellen, die regelmässig vom «irren Kim» sprechen? Oder agieren die Machthaber in Nordkorea letztlich rational, sind also, zumindest ein Stück weit, berechenbar?

Trifft ersteres zu, dann wäre nicht auszuschliessen, dass Pjöngjang Guam mit Raketen angreift und ein spektakuläres Inferno inszeniert. In diesem Inferno würde das Regime aber aller Wahrscheinlichkeit nach untergehen.

Eine direkte, massive Attacke auf eine ihrer wichtigsten Truppenbasen liessen die USA keinesfalls unbeantwortet. Und einen solchen US-Gegenschlag müsste wohl selbst Nordkoreas Verbündeter China als gerechtfertigt hinnehmen. Vor allem aber: Einen US-Militärangriff würden Kim & Co politisch kaum überleben. Die nordkoreanischen Machthaber sind verletzlich. Ihre Armee ist längst nicht so stark wie sie vorgeben.

Gilt also letzteres, handelt also die Regierung in Pjöngjang vernünftig, dann wird Kim seine Drohung nicht wahrmachen.

Die Erfahrung deutet klar darauf hin, dass in Nordkorea nicht «Irre» regieren. Schurken ja, Gewalttäter ja. Aber solche, die durchaus rational handeln. Zwar keineswegs im Interesse der Nordkoreaner, vielmehr mit dem obersten, ja dem einzigen Ziel, ihre Macht zu erhalten. Dem wird alles andere untergeordnet. Weil das so ist, wird Pjöngjang vermutlich keine Raketen auf Guam abfeuern.

Fredy Gsteiger

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Portrait von Fredy Gsteiger

Der diplomatische Korrespondent ist stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St.Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» und Chefredaktor der «Weltwoche».

Die Drohung allein ist aber höchst problematisch und sogar gefährlich. Genauso wie auf amerikanischer Seite die jüngsten Drohungen von Präsident Donald Trump, Nordkorea mit «Feuer und Wut, wie sie die Welt noch nie gesehen hat» zu überziehen. Auch sie sind mehr als nur irritierend, sondern hochgradig fahrlässig und verantwortungslos.

Historisch betrachtet, werden viele Kriege nicht bewusst und gezielt begonnen. Manche wurden eher zufällig ausgelöst. Nicht zuletzt der Erste Weltkrieg. Kleine Ursache, grosse Wirkung lautet dann das Prinzip. Konkret, aber natürlich fiktiv: In Nordkorea findet eine Explosion statt, zum Beispiel in einer Chemiefabrik.

Das Regime meint irrtümlich, es handle sich um einen US-Angriff und reagiert unverzüglich und ohne nähere Abklärungen mit Artillerie- und Raketenfeuer auf seinen Nachbarn Südkorea. Dessen Hauptstadt Seoul liegt nur wenige Dutzend Kilometer von der Grenze entfernte. Die in Südkorea stationierten US-Truppen lancieren einen Gegenangriff, Kim setzt daraufhin seine Atombomben ein. Die sind zwar noch nicht perfektioniert, verbreiten aber dennoch Tod, Grauen und Schrecken.

Je schärfer die Rhetorik, umso höher die Spannungen. Und umso grösser die Nervosität. Angesichts der jüngsten Zuspitzung rund um Nordkorea ist das Risiko bereits jetzt beträchtlich, dass aus einem geringfügigen Anlass ein richtig grosser Krieg vom Zaun gebrochen wird.

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