- In Nordirland ist es die dritte Nacht in Folge zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen – zwischen Randalierenden und der Polizei.
- Medien berichten von Ausschreitungen an verschiedenen Orten.
- So hätten in der Stadt Ballymena Hunderte von Menschen die Polizei mit Rauchbomben und Backsteinen angegriffen – die Polizei setzte Wasserwerfer ein.
Mehr als 30 Polizistinnen und Polizisten seien bislang verletzt worden, sagten die Behörden – zudem habe es mehrere Festnahmen gegeben. Die Polizei sprach von rassistischen Ausschreitungen und Hassverbrechen.
-
Bild 1 von 3. Maskierte Randalierer griffen die Polizei an und setzten Häuser und Autos in Brand. Bildquelle: REUTERS/Clodagh Kilcoyne.
-
Bild 2 von 3. Bei den Ausschreitungen wurden 32 Polizeibeamte verletzt. Bildquelle: REUTERS/Clodagh Kilcoyne.
-
Bild 3 von 3. Die Polizei sperrte mit gepanzerten Fahrzeugen am Mittwochabend Strassenzüge. Ihnen gegenüber standen etwa 200 Personen. Bildquelle: AP Photo/Peter Morrison.
Ausgelöst wurden die Krawalle durch Ermittlungen gegen zwei 14-Jährige aus Rumänien, denen ein schwerer sexueller Übergriff auf eine Minderjährige in Ballymena vorgeworfen wird. Ihr Anwalt erklärte vor Gericht, dass sie die Vorwürfe bestritten, berichtete die BBC.
Am Montag wurden die beiden von einem Gericht befragt, dort baten sie nach einem rumänisch-sprachigen Dolmetscher. Gleichentags kam es zu einer zunächst friedlichen Demonstration gegen sexuelle Gewalt und für mehr Sicherheit für Frauen im öffentlichen Raum. «Der Protest kippte dann in Ausschreitungen, die grosse Zerstörung hinterliessen und sich insbesondere gegen Migranten richteten», berichtet SRF-Korrespondent Patrik Wülser.
Premier Starmer reagiert auf Ausschreitungen
In der benachbarten Ortschaft Larne geriet ein Freizeitzentrum in Brand. Laut BBC waren in dem Freizeitzentrum zwischenzeitlich Familien untergebracht, die ihr Zuhause Ballymena infolge der Ausschreitungen hatten verlassen müssen. Sie sollen zum Zeitpunkt des Brandanschlags nicht mehr im Gebäude gewesen sein.
Der britische Premierminister Keir Starmer hatte die Unruhen in Nordirland «aufs Schärfste verurteilt». Nordirlands Co-Regierungschefin Michelle O'Neill sagte, es sei «purer Rassismus, anders kann man es nicht bezeichnen».
Wenn Hunderte Leute mit einer solchen Heftigkeit randalieren, sind das nicht nur ein paar ortsfremde Extremisten. Dann ist es wohl Ausdruck eines tiefliegenden Problems.
Der örtliche Polizeipräsident sprach von «hasserfüllten Taten und Mob-Gewalt», die den gesellschaftlichen Zusammenhalt bedrohten. Ähnlich äusserte sich auch der Stadtpräsident von Ballymena. Er erklärte allerdings, die friedliche Protestbewegung sei von «ortsfremden Personen» gekapert worden.
Für SRF-Korrespondent Wülser ist allerdings klar: «Wenn Hunderte Leute mit einer solchen Heftigkeit randalieren, sind das nicht nur ein paar ortsfremde Extremisten. Dann ist es wohl Ausdruck eines tiefliegenden Problems.» Wülser weist dabei auf Entwicklungen hin, die sich nicht nur in Nordirland beobachten lassen.
Verbreiteter Unmut in der britischen Gesellschaft
Im vergangenen Sommer kam es in mehreren englischen Städten zu ähnlichen Protesten. Auslöser waren Falschnachrichten nach einer tödlichen Messerattacke auf drei Teenagerinnen in Southport. «Damals wurden bewusst Gerüchte gestreut, dass es sich beim Täter um einen Bootsflüchtling handle», so der SRF-Korrespondent. Es kam danach zu wüsten Ausschreitungen, in deren Verlauf auch Asylunterkünfte angezündet wurden.
Dass der Funke so schnell überspringen konnte, liegt für Wülser auch am Unmut in Teilen der britischen Gesellschaft über die unkontrollierte Migration ins Land. «Die Politik verspricht immer wieder, dieses Problem zu lösen.» Gelungen sei das aber nicht.
Gerade in vernachlässigten Regionen, die mit verbreiteter Jugendarbeitslosigkeit und wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit zu kämpfen hätten, herrsche eine «explosive Mélange». Und: «Diese kann sich bei Ereignissen wie in Ballymena schnell entzünden», schliesst Wülser.