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Knall bei der Unops Chefin der UNO-Behörde für Projekte geht – und zwar per sofort

Grete Faremos Abgang bei der wenig bekannten, aber finanzstarken und wichtigen UNO-Organisation Unops ist kein freiwilliger. Hintergrund sind Misswirtschaft, Geltungsdrang und mangelnde Aufsicht. Für die UNO bedeutet das einen argen Reputationsschaden.

Vieles, was die UNO-Behörde Unops (kurz für United Nations Office for Project Services), tut, ist nötig und nützlich. Sie ist eine Art Generalunternehmerin für andere UNO-Organisationen und setzt deren Vorhaben um. Diese reichen vom Bau von Schulen in Afghanistan über die Beschaffung von Krankenwagen bei der Ebola-Bekämpfung bis hin zur Realisierung von Notunterkünften nach Naturkatastrophen.

Sie investiert jährlich weit über eine Milliarde Dollar, hauptsächlich Mittel von reicheren UNO-Mitgliedsländern. Am Sonntagabend – ein ungewöhnlicher Zeitpunkt für solche Mitteilungen – gab die UNO nun per Communiqué den unverzüglichen Abgang von Unops-Exekutivdirektorin Grete Faremo bekannt. UNO-Generalsekretär António Guterres dürfte darauf gedrängt haben, nachdem die «New York Times» eine saftige Skandalgeschichte rund um die UNO-Organisation recherchiert hat.

Grete Faremo an Podium
Legende: Grete Faremo am 26. April an einer Klimakonferenz in Kopenhagen: Die Exekutivdirektorin der Unops nimmt nun überraschend den Hut und verlässt ihren Posten per sofort. Reuters

Vorwurf des dilettantischen Vorgehens

Faremo, früher Justiz-, Energie- und später Verteidigungsministerin Norwegens, führte die Behörde seit 2014. Sie wollte sie moderner, agiler und weniger risikoscheu machen. So sollten etwa kurzfristig nicht benötigte Finanzmittel gewinnbringend als Darlehen an profitorientierte Firmen fliessen. Die Unops verhielt sich damit ein bisschen wie eine Investitionsfirma oder eine Bank, nur eben ziemlich dilettantisch.

Zig Millionen Dollar flossen, so die «New York Times», an den britischen Geschäftsmann David Kendrick und dessen Tochter Daisy. Zum einen für eine Internetseite, Videospiele und Filme, die vor der Umweltbedrohung der Ozeane warnten. Zum anderen für Windfarmen in Mexiko und Siedlungsprojekte für Arme in Ghana, Pakistan, Kenia oder Indien.

Schaden von mehr als 20 Millionen

Gebaut wurde nichts davon. Vielmehr soll der Brite die UNO-Gelder zur Begleichung früherer Schulden verwendet haben. Unter dem Strich beläuft sich der Verlust für die UNO auf deutlich über 20 Millionen Dollar.

Eingefädelt wurden die Geschäfte offenbar an eine Party in New York. Beteiligt waren auch Mittelsmänner von zweifelhaftem Ruf. Ein Unops-Mitarbeiter, der die Organisation inzwischen verlassen hat, spricht von einer Mischung aus Ehrgeiz und Dummheit. Erst allmählich wurden die Machenschaften ruchbar. Es gab eine UNO-interne Untersuchung. Diese sei inzwischen abgeschlossen, erklärte ein UNO-Sprecher vorige Woche.

Zahlungen wegen Skandal eingestellt

Geberstaaten wie Finnland stoppen nun die Zahlungen an die UNO. Auch aus den USA kommt scharfe Kritik. Volle Transparenz soll jetzt eine unabhängige, diesmal externe Untersuchung liefern. Bloss: Die UNO räumt ihr sehr viel Zeit ein, bis Sommer 2024.

Der Fall zeigt einmal mehr: Rechenschaftspflicht und Aufsicht in der UNO genügen heutigen Anforderungen nicht. Das liegt auch an der enormen Komplexität der Organisation, bei der 193 Nationen mitreden, aber ebenso an mangelndem politischem Willen und unzureichenden Strukturen.

Der aktuelle Fall ist für die UNO nicht nur peinlich, sondern enorm schädlich. Gerade jetzt, da die Weltorganisation gewaltige zusätzliche Geldmittel einwerben muss für die Bekämpfung der Folgen des Ukraine-Krieges.

Rendez-vous, 09.05.2022, 12:30 Uhr

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