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Koalitions-Entscheid Niederlande: Ex-Geheimdienstchef Schoof soll neuer Premier werden

  • Der frühere Chef des Geheimdienstes und der Anti-Terrorismusbehörde, Dick Schoof (67), soll neuer Regierungschef der Niederlande werden
  • Das teilen die künftigen Koalitionsparteien in Den Haag mit.
  • Der parteilose Schoof ist bislang höchster Beamter im Justizministerium. 

Er soll die rechteste Regierung der Landesgeschichte führen und Nachfolger des heutigen Premierministers Mark Rutte werden, der Nato-Generalsekretär werden soll.

Schoof erklärte, er wolle sich dafür einsetzen, das Vertrauen der Bürger in den Staat wieder herzustellen. «Ich will Premier aller Niederländer sein.» Er bekräftigte zudem, dass er parteilos sei und nicht als Vertreter des radikal rechten Populisten Geert Wilders die Regierung führen wollen. 

Kandidat des kleinsten gemeinsamen Nenners

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Einschätzung von SRF-Korrespondent Charles Liebherr: Dick Schoof soll der neue Premierminister der Niederlande werden. Er ist der Kandidat des kleinsten gemeinsamen Nenners. Schoof ist kein Politiker - die wichtigste Voraussetzung.

Ein Politiker mit Profil war nicht zu finden, weil das Regierungsbündnis von vier Parteien kein politisches Profil haben kann. Zu weit auseinander liegen die politischen Prioritäten. Schoof war ein hoher Beamter im Justiz-Ministerium. Er kennt die Dossiers Justiz, Einwanderung, Asylwesen, Migration à fonds. Das sind die Themen, die der Rechtsaussen-Regierung unter Führung der Partei für Freiheit von Wilders wichtig sind.

Dick Schoof hat sicher auch ein solides Verständnis, was ein Rechtsstaat ist. Auch das ist eine wichtige Garantie, insbesondere für die Bündnispartner von Geert Wilders. Schoof ist ihre Rückversicherung.

Und der künftige Premier ist mit 67 Jahren sicher auch politisch genug erfahren, dass er weiss, was seine beschränkte Rolle ist und wie eine Expertenregierung funktionieren kann, trotz schwachem Rückhalt im niederländischen Parlament.

Der Rechtspopulist Geert Wilders sprach von einer guten Wahl. «Er steht über den Parteien und hat unser Vertrauen.» Zudem habe er breite Erfahrung.

Vor rund sechs Monaten hatten die Niederländer ein neues Parlament gewählt. Dabei war die Partei für die Freiheit (PVV) des radikal-rechten Populisten Geert Wilders mit 37 Sitzen überraschend stärkste Kraft geworden. Für eine stabile Mehrheit brauchte er mindestens zwei Partner. Nach mühsamen Verhandlungen einigte Wilders sich mit der rechtsliberalen VVD des bisherigen Regierungschefs Rutte, der rechtskonservativen NSC sowie der rechtspopulistischen Bauernpartei BBB auf eine Koalition. 

Dick Schoof an der Medienkonferenz
Legende: Der parteilose Dick Schoof tritt nach den Gesprächen mit den Parteispitzen der Koalition vor die Medien. Er soll niederländischer Premier werden. Keystone / RAMON VAN FLYMEN

Um die Koalition zu ermöglichen, verzichtete Wilders auf das Amt des Regierungschefs sowie auf einige seiner umstrittensten Forderungen wie das Verbot von Moscheen. Die Hälfte des Kabinetts soll aus Nicht-Berufspolitikern bestehen.

Schoof ist politisch bislang nicht in Erscheinung getreten, war bis vor einigen Jahren jedoch Mitglied der sozialdemokratischen Partei. Er gilt als Experte für Sicherheit und Migration – zwei zentrale Punkte für die rechten Koalitionspartner. Schoof leitete den Nachrichten- und Sicherheitsdienst AIVD, war Koordinator im Kampf gegen den Terrorismus und auch Direktor der Immigrationsbehörde. 

Bis das gesamte Kabinett steht, wird es vermutlich noch einige Wochen dauern. Es wird damit gerechnet, dass der König die neue Regierung in etwa vier Wochen vereidigen kann. 

Der Rechtspopulist Wilders hatte bei der Vorlage des Koalitionsabkommens am 16. Mai einen radikalen Kurswechsel für die Niederlande angekündigt. Der Führer der Anti-Islam-Partei versprach «die strengte Asylpolitik, die es jemals gab», und eine drastische Einschränkung der Zuwanderung. Zu den Plänen gehört auch, dass die Umweltauflagen für Bauern gelockert und Subventionen für nachhaltige Energien gestrichen werden. 

SRF 4 News, 28.05.2024, 16 Uhr ; 

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