- Tausende Menschen sind auf der Flucht aus der kurdischen Enklave Afrin.
- Angesichts der türkischen Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien sind nach UN-Schätzungen rund 5000 Menschen aus Afrin geflohen.
- Weitere 1000 Menschen seien in Viertel der syrischen Stadt Aleppo vertrieben worden, sagt ein Uno-Sprecher.
- Erdogan droht mit Einsatz auch im syrischen Manbidsch.
Humanitäre Helfer seien sehr besorgt über das Schicksal von rund 324'000 Menschen in der von der YPG kontrollierten Region.
den Nato-Partnern Türkei und USA. Der türkische Präsident Recep
Tayyip Erdogan drohte der von den USA unterstützten syrischen
Kurdenmiliz YPG mit einer grossflächigen Bekämpfung.
Angefangen werde damit in der nordsyrischen Region Manbidsch.
Die türkische Armee hatte die «Operation Olivenzweig» am Samstag begonnen und YPG-Stellungen in der Region Afrin mit Artillerie und aus der Luft angegriffen. Am Sonntag folgte eine Bodenoffensive.
260 Menschen «neutralisiert»
Seit Beginn der türkischen Offensive wurden nach Angaben der Armee zahlreiche gegnerische Kämpfer getötet. Mindestens 260 «Angehörige von Terrororganisationen» seien «neutralisiert» worden, teilte der Generalstab in Ankara mit.
Mit «neutralisiert» ist im Sprachgebrauch türkischer Sicherheitskräfte in der Regel getötet gemeint, der Begriff kann aber auch verletzt oder gefangen genommen bedeuten. Eine Bestätigung der YPG zu diesen Zahlen liegt nicht vor.
USA rüstete YPG mit Waffen aus
Die Armee betonte, die Operation richte sich ausschliesslich gegen Terroristen. Man unternehme alle Anstrengungen, um die Zivilbevölkerung zu schützen. Die YPG kontrolliert die Region Afrin und ist der syrische Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK.
Die PKK ist in der Türkei, der EU und in den USA als Terrororganisation eingestuft. Die YPG ist zugleich Verbündeter der US-geführten Koalition gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien und wurde von den USA mit Waffen ausgerüstet.
«Werden Lieferung gegebenenfalls einstellen»
Die Waffen dürften aber nur zur Bekämpfung des IS benutzt werden, betonte ein Sprecher des Pentagons in Washington: «Sollten wir Gruppen oder Individuen sehen, die sich dieser Vereinbarung widersetzen, werden wir dies untersuchen und gegebenenfalls Lieferungen einstellen.»
Die Offensive ging am Dienstag weiter. Nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte und kurdischen Kämpfern flogen trotz schlechter Wetterbedingungen türkische Kampfjets über das Gebiet um Afrin.
Zwei türkische Soldaten getötet
Ein kurdischer Sprecher berichtete von Artillerie-Beschuss im Norden der Region. Die Menschenrechtler berichteten weiter, dass auch Kurdengebiete in der Stadt Kamischli im Nordosten Syriens von der Türkei aus beschossen wurden. Dabei seien zwei Kinder verletzt worden.
Die türkische Zeitung «Hürriyet» berichtete, die in der Grenzprovinz Mardin stationierten Soldaten hätten damit auf Beschuss von kurdischen Milizen aus Syrien reagiert. Von offizieller Seite gab es dafür zunächst keine Bestätigung.
Nach Angaben der Menschenrechtsbeobachter wurden seit Beginn der Offensive mindestens 100 Menschen getötet, darunter 23 Zivilisten und mehrere Kämpfer auf beiden Seiten. Zudem wurden nach offiziellen Angaben zwei türkische Soldaten getötet.
Region «säubern»
Der Sprecher von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, Ibrahim Kalin, erklärte, der Einsatz ginge weiter «bis die Region von der separatistischen Terrororganisation vollständig gesäubert wird.» Ziel sei zudem, dass die rund 3,5 Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei in ihr Heimatland zurückkehren könnten.
Unterdessen gehen die türkischen Behörden gegen Kritiker der Militäroperation im eigenen Land vor. Es gab Berichte von zahlreichen Razzien und Festnahmen. Davon waren auch Journalisten betroffen.
Macron zeigt sich besorgt
Angesichts der Lage in den Kurdengebieten gibt es weiterhin international Besorgnis, auch mit Blick auf das Bürgerkriegsland Syrien. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron äusserte sich in einem Telefonat mit Erdogan besorgt über die Militäroffensive der Türkei.
Er habe im Gespräch mit Erdogan an die Notwendigkeit erinnert, gegen den IS und «alle anwesenden Dschihadisten-Kräfte» zu kämpfen, hiess es in einer Mitteilung des Élyséepalastes. Zudem müssten «die notwendigen humanitären Bedingungen für die Zivilbevölkerung» sichergestellt und schliesslich die Bedingungen für eine dauerhafte politische Lösung im Bürgerkriegsland Syrien begünstigt werden.
Trump will mit Erdogan telefonieren
Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete am Dienstagabend, Erdogan habe wegen der Militäroperation gegen die Kurdenmiliz YPG in der Region Afrin auch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert.
Der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu sagte nach Angaben von Anadolu, an diesem Mittwoch wolle US-Präsident Donald Trump mit Erdogan telefonieren.