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Korruptionsskandal in Brüssel «Die Glaubwürdigkeit der EU-Parlamentarier ist infrage gestellt»

Der Korruptionsskandal um die Vizepräsidentin des EU-Parlaments wirft hohe Wellen. Eva Kaili soll 600'000 Euro Bargeld angenommen haben, um Katar in gutem Licht darzustellen. Die Affäre werfe einen dunklen Schatten auf die EU-Institutionen, sagt Moritz Körner, EU-Parlamentarier der deutschen FDP. Es seien Reformen nötig.

Moritz Körner

FDP-Politiker

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Moritz Körner ist ein deutscher Politiker der FDP und seit 2019 Mitglied des Europäischen Parlaments. Zuvor war er seit 2017 Abgeordneter im Landtag Nordrhein-Westfalen.

SRF News: Kann man EU-Parlamentarierinnen und -parlamentarier einfach so kaufen?

Moritz Körner: Das wäre sicher die falsche Lehre aus dem Skandal – auch wenn das Vertrauen in das Europäische Parlament natürlich massiv beschädigt wird. Eva Kaili hat sich mutmasslich bestechen lassen, das dürfen wir keinesfalls akzeptieren.

Angeblich 600'000 Euro in bar erhalten

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Eva Kaili
Legende: Eva Kaili. Keystone/Jalal Morchidi

Am Freitag waren die Griechin Eva Kaili sowie mehrere Parlamentsmitarbeiter unter dem Verdacht der Korruption in Brüssel festgenommen worden. Laut Medienberichten vom Wochenende soll Kaili von Katar 600'000 Euro Schmiergeld in bar erhalten haben, damit sie für das WM-Gastgeberland Einfluss auf politische Entscheidungen nimmt. Im Raum steht neben Vorwürfen der Bestechung und Bestechlichkeit auch der Verdacht der Geldwäsche. Kaili war eine von insgesamt 14 Stellvertretern von Parlamentspräsidentin Roberta Metsola. Die sozialdemokratische Fraktion suspendierte Kailis Mitgliedschaft umgehend, ihre griechische Pasok-Partei schloss sie aus.

Im November hatte Kaili Katar im EU-Parlament als Vorreiter der Arbeiterrechte gelobt. Was haben Sie damals gedacht?

Ich habe mich damals schon gewundert. Und vor allem habe ich mich gewundert, dass Kaili im Visa-Ausschuss zu Katar ebenfalls abgestimmt hat – obschon sie dort gar nicht Mitglied ist.

Sie hat im Ausschuss abgestimmt, obschon sie dort gar nicht Mitglied ist.

Das muss jetzt geklärt werden – auch wenn es vorkommen kann, dass auch Nichtmitglieder abstimmen, etwa, wenn sie ein verhindertes Ausschussmitglied vertreten. Die sozialdemokratische Fraktion ihrerseits muss ausserdem klären, wieso damals statt der ordentlichen Ausschussmitglieder die Katar-Freunde abgestimmt haben.

Inwiefern hat sich die Diskussion um die Visafreiheit für Katar jetzt geändert?

Das Thema wäre diese Woche im Parlament traktandiert gewesen. Doch das wird jetzt wohl entweder von der Tagesordnung gestrichen oder aber sicher abgelehnt. Es kann jetzt keine Visa-Erleichterungen für Katar geben, das ist völlig klar. Wenn man mit illegalen Mitteln versucht, unsere Demokratie zu beeinflussen, muss das Konsequenzen haben.

Zorn und Entsetzen nach Korruptionsskandal

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Angesichts des Korruptionsskandals im Europaparlament fordern Politiker einschneidende Konsequenzen – und befürchten weitere Enthüllungen zu möglichen Schmiergeldzahlungen des steinreichen Golfemirats Katar. «Die Vorwürfe gegen die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments sind sehr schwerwiegend», sagte die deutsche Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel. Man wisse, dass dies mit Blick auf das Vertrauen, das die Menschen in die europäischen Institutionen hätten, grosse Besorgnis auslöse. «Wir brauchen die höchsten Standards», betonte von der Leyen.

Bundeskanzler Olaf Scholz zeigt sich nach Berichten über einen Korruptionsskandal im Europäischen Parlament alarmiert. Der Kanzler verfolge dies «mit dem erwartbaren Entsetzen, dass so etwas offenbar möglich ist», sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin. Die Aufarbeitung liege aber nicht bei den EU-Nationalstaaten, sondern auf europäischer Ebene.

Inwieweit ist die Glaubwürdigkeit des EU-Parlaments durch den Skandal beschädigt?

Das schamlose Fehlverhalten unserer Kollegin führt dazu, dass die Glaubwürdigkeit aller EU-Parlamentarierinnen und -Parlamentarier infrage gestellt wird – das ärgert mich masslos. Dieser Eindruck darf so nicht stehen bleiben, es braucht deshalb eine knallharte Aufklärung.

Der Fall Kaili zeigt, dass es freie Presse und Justiz braucht, um Korruption einzudämmen.

In Ungarn hat sich Viktor Orban am Wochenende die Hände gerieben und mit Hohn aufs EU-Parlament gedeutet. Es ist dabei festzuhalten: In Ungarn gibt es keine staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen bei Korruption und auch keine freie Medienberichterstattung darüber. Der Fall Kaili zeigt eben auch, dass man freie Presse und Justiz braucht, um Korruption einzudämmen.

Viktor Orban.
Legende: Ungarns Langzeit-Ministerpräsident Viktor Orban dürfte sich jetzt ins Fäustchen lachen: Die EU will ihm wegen Vorwürfen von Korruption und fehlender Rechtsstaatlichkeit in Ungarn Milliarden Subventionen kürzen – und jetzt wird das EU-Parlament selber von einem Korruptionsskandal erschüttert. Keystone/Leszek Szymanski

Müssen die Lobbyregeln im EU-Parlament jetzt angepasst werden?

Wir haben zwar sehr strenge Regeln und beispielsweise ein Transparenzregister aller tätigen Lobbyorganisationen. Allerdings müssen die Regeln wohl insofern angepasst werden, als dass auch Drittstaaten in das Register aufgenommen werden müssen, wenn sie versuchen, Einfluss auf EU-Parlamentarier zu nehmen.

Wer 600'000 Euro in bar von Katar annimmt, wird das nicht in ein Transparenzregister eintragen.

Dies nicht zuletzt im Hinblick auf die Auseinandersetzung zwischen autokratischen Staaten und europäischen Demokratien. Allerdings wird jemand, der 600'000 Euro in bar von Katar annimmt, das nicht in ein Transparenzregister eintragen. Da muss das Strafrecht zum Zug kommen.

Welche Folgen könnte der Korruptionsskandal längerfristig haben?

Gerade gegenüber Ungarn haben wir uns immer für den sogenannten Rechtsstaatsmechanismus zur Bekämpfung von Korruption und für eine unabhängige Justiz starkgemacht – darum ist unsere Glaubwürdigkeit jetzt beschädigt. Das ändert aber nichts daran, dass wir weiter gegen Korruption in Europa kämpfen werden.

Das Gespräch führte Ramona Kayser.

SRF 4 News, 12.12.2022, 10:40 Uhr ; 

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