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Krieg gegen die Ukraine Der hohe Preis für den belarussischen Pakt mit Putin

Wladimir Putin hat sich mit seinem Krieg gegen die Ukraine international isoliert. Unterstützung erhält der Kreml von jenen Diktaturen, deren Existenzen vom Kreml abhängig sind. Im Krieg gegen die Ukraine nimmt Belarus aufgrund seiner geografischen Lage die wichtigste Rolle ein.

Putin hat den Machthaber von Belarus komplett in der Hand. Nach den Massenprotesten von 2020 hält sich Alexander Lukaschenko nur dank Unterstützung des Kremls noch im Amt. Ohne die finanzielle Unterstützung aus Moskau wäre dem Machthaber in Minsk längst das Geld ausgegangen, um seinen Sicherheitsapparat zu bezahlen. Der Pakt mit Putin dient nicht der belarussischen Bevölkerung, sondern dem Machthaber allein.

Ein Land als Militärbasis

Seit den ersten Kriegstagen benutzt Putin den viel kleineren Nachbarstaat als eine Militärbasis, um von dort Raketen und seit den vergangenen Wochen auch Drohnen in Richtung Ukraine zu starten. In den ersten Kriegsmonaten nutzte Putin Belarus auch dazu, um mit russischen Truppen in die Ukraine einzufallen.

Für die Ukraine ist Belarus deswegen seit Beginn der Grossoffensive im Februar eine Kriegspartei. Mit der Rückeroberung der Gebiete nördlich der ukrainischen Hauptstadt bis an die Grenze zu Belarus im Frühling geriet die Rolle des Nachbarstaates aus den Schlagzeilen.

Reden in Rätseln

Die vergangenen Monate waren für den Kreml von einer Niederlage an der Front nach der anderen geprägt. Je schlechter es für den Mann im Kreml an der Front in der Ukraine läuft, umso mehr kommen seine wenigen Verbündeten in Zugzwang. Dies wurde deutlich, als Lukaschenko vergangene Woche den Aufbau einer belarussisch-russischen Armeeeinheit ankündigte.

Lukaschenkos Reden sind oft widersprüchlich und meist schweigt er sich über die Konsequenzen aus. Die Ankündigung von vergangener Woche war keine Ausnahme, denn die genaue Aufgabe der neuen Militäreinheit erwähnte Lukaschenko nicht.

Ominöse Militäreinheit

Sofort stand die Frage im Raum, ob Belarus neu auch eigene Truppen in die Ukraine entsenden würde. Bisher ist kein belarussischer Soldat gegen die Ukraine in den Krieg gezogen. Vorerst dürfte sich daran nichts ändern. Die belarussische Armee gilt als schlecht ausgerüstet und nicht ausreichend kampfbereit, um sich schlagkräftig an Putins Angriffskrieg zu beteiligen.

Wie später von belarussischen Militärs verkündet wurde, soll die gemeinsame Militäreinheit Russlands und Belarus die Grenze von Belarus absichern gegen eine Bedrohung durch die Nato. Diese Verdrehung von Tatsachen gehört zur Rhetorik des Kremls. In Realität sind Russland und Belarus eine Bedrohung für ihre Nachbarn und nicht die Nato.

Keine Garantie für die Zukunft

Während Russland an der Front im Süden und Osten der Ukraine weiter unter Druck gerät, wäre es eine mögliche Kriegstaktik Russlands, mit einer Front im Norden abzulenken. Bisher gibt es dafür aber keine eindeutigen Anzeichen. Die mehreren tausend russischen Soldaten, die in den vergangenen Tagen in Belarus angekommen sind, gehören zu den neu mobilisierten Kräften. Sie müssen zuerst ein Training durchlaufen, bevor sie an die Front geschickt werden können.

Die angekündigte Militäreinheit scheint ein Vorwand, um russische Soldaten in Belarus trainieren zu können, da es in Russland an Platz für Trainingsgelände fehlt. Vorerst bleibt Belarus ein Stützpunkt und Trainingsgelände für die russische Armee. Eine Garantie, dass dies so bleiben wird, gibt es nicht. Im Unterschied zum Februar wäre die Ukraine heute aber auf einen Angriff mit Bodentruppen aus Belarus vorbereitet.

Luzia Tschirky

Russland-Korrespondentin

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Luzia Tschirky ist SRF-Korrespondentin für die Region Russland und die ehemalige UdSSR.

SRF 4 News, 15.10.2022, 16 Uhr

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