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Krieg in der Ukraine Söldnergruppe Wagner – Brutalität als Markenzeichen

Russlands Söldner spielen im Ukraine-Krieg eine wichtige Rolle – zurzeit vor allem mit Ex-Häftlingen als «Kanonenfutter».

Das ist die Gruppe Wagner: Die Gruppe Wagner ist ein Netzwerk von russischen Söldnern, entstanden beim Angriff auf die ukrainische Donbass-Region 2013. Der Name soll auf einen früheren Militärgeheimdienst-Offizier mit Decknamen «Wagner» zurückgehen. Als Gründer und Financier tritt heute Jewgeni Prigoschin auf.

Offiziell existiert die Organisation nicht, denn Söldnertruppen sind in Russland per Strafgesetz verboten. Trotzdem sind oder waren Wagner-Söldner seit Jahren in Syrien, Libyen und mehreren afrikanischen Staaten aktiv. Ebenso in der Ukraine, wo sie laut Angaben der US-Regierung aktuell an der Seite der regulären russischen Truppen mit knapp 50‘000 Mann im Einsatz stehen. Jüngst behauptete Wagner, die ukrainische Stadt Soledar im Alleingang erobert zu haben. Offiziell lässt sich das nicht bestätigen.

Die Brutalität gehört zum Markenzeichen der Gruppe Wagner und soll abschreckende Wirkung entfalten.
Autor: Margarete Klein Militärexpertin

Der Ruf der Gruppe Wagner: Die paramilitärischen Wagner-Einheiten gelten als skrupellos und sind wegen ihrer Brutalität gefürchtet. In den letzten Wochen sorgten sie mit einem Video über Hinrichtungen von fahnenflüchtigen Kämpfern für Schlagzeilen. «Die Brutalität gehört zum Markenzeichen der Gruppe Wagner und soll abschreckende Wirkung entfalten. Gegen eigene Leute ebenso wie gegen gegnerischen Truppen und die Zivilbevölkerung», erklärt Militärexpertin Margarete Klein von der Berliner Stiftung für Wissenschaft und Politik SWP.

So werden Wagner-Söldner rekrutiert: Die Wagner-Söldner stehen in keiner russischen Militärhierarchie und bestehen zu einem beträchtlichen Teil aus ehemaligen Soldaten der russischen Armee. Seit einiger Zeit werden Soldaten vermehrt in russischen Gefängnissen rekrutiert – mit dem Versprechen auf Straferlass. In dieser Mission zeigt ein Video Prigoschin selbst in Aktion. Für die Ukraine sollen tausende ehemalige Häftlinge angeworben worden sein. Sie werden laut ukrainischen Quellen zum Teil in eigentlichen Selbstmord-Kommandos auf Stellungen losgeschickt.

Wagner-Logo.
Legende: Die Wagner-Truppen agieren mit Unterstützung des Staats, der sie ausrüstet und bewaffnet. Es gibt eine Koordination mit den regulären Truppen und sie nutzen auch die Spitäler. Je nach Ort und Zeit kann sich der Autonomiegrad der Wagner-Truppen ändern. imago images/Siegra Asmoel

Dafür braucht der Kreml die Wagner-Söldner: Für Russland ist die Gruppe Wagner laut Expertin Klein in zweierlei Hinsicht wichtig: Für militärische Aufgaben und Spezialaufträge, insbesondere aber für personalintensive Aktionen wie etwa in Soledar, wo sie als «Kanonenfutter» in den Kampf geschickt wird. Zugleich innenpolitisch, denn Gefallenenzahlen bei Söldnern werden anders aufgenommen als bei regulären Soldaten. Für den Kreml ebenso praktisch: Brutalität und Gewaltverbrechen können auf Söldner abgeschoben werden.

Die russische Militärführung steht unter Druck und braucht die Söldner für personalintensive Einsätze.
Autor: Margarete Klein Militärexpertin

Das will der Söldner-Chef: Zwischen den Söldner-Gruppen und den regulären Streitkräften gibt es auch einen Verteilungswettkampf um das massiv erhöhte Verteidigungsbudget. Das motiviert Wagner zusätzlich, eigenständig nach vorn zu preschen und an der Front Erfolge einzufahren. Dass Prigoschin die Militärführung ungestraft kritisieren kann, hängt mit der schlechten militärischen Performance der regulären Armee in der Ukraine zusammen. So kann er, unterstützt von nahestehenden Militärbloggern, seine wirtschaftlichen Interessen verbrämen.

Wagner.
Legende: Wagner-Söldner am 13. Januar 2023 in den Strassen der ukrainischen Stadt Soledar. Jüngst behauptete die Gruppe, die Stadt im Alleingang erobert zu haben. Offiziell lässt sich das nicht bestätigen. imago images

Kriegsentscheidend werden die Wagner-Söldner beim Krieg in der Ukraine nicht sein, wie Expertin Klein schätzt: «Aber sie sind wichtig, wenn die Verluste bei den regulären Streitkräften nicht rasch ersetzt werden können.» Denn die russische Führung braucht militärische Erfolge und muss zeigen, dass sie auch in die Offensive gehen kann.

SRF 4 News, 16.01.2023, 06:45 Uhr ; 

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