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Krieg in Syrien «Im Augenblick gibt es keine Anzeichen für Entspannung»

Im Bürgerkrieg in Syrien mischen – direkt oder indirekt – zahlreiche Staaten mit. Bislang hielt Israel sich zurück, doch das ändert sich seit dem Wochenende. Syrien hat einen israelischen Kampfjet abgeschossen, Israel seinerseits Stellungen in Syrien beschossen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat das Nachbarland und den mit ihm verbündeten Iran nun vor einer weiteren Konfrontation gewarnt. Droht eine neue Eskalationsstufe? Einschätzungen des Nahost-Experten Udo Steinbach.

SRF News: Was passiert da im Nahen Osten?

Udo Steinbach: Wir beobachten eine Eskalation der Einmischung Israels in Syrien und eben auch eine Eskalation der Konfrontation zwischen Iran und Israel. Iran versucht seit Jahren, sich in Syrien festzusetzen und so die strategische Position im Nahen und Mittleren Osten zu verbessern. Die israelische Seite war immer bemüht, das zu verhindern.

Wieder einmal besteht die Gefahr, dass Iran und Israel in eine unmittelbare militärische Konfrontation geraten.

Besteht die Gefahr, dass sich dieser Konflikt regional ausweitet?

Ganz gewiss. Vor allem besteht wieder einmal die Gefahr, dass Iran und Israel in eine unmittelbare militärische Konfrontation geraten. Diese Gefahr bestand bereits, als über das Atomabkommen verhandelt wurde. Israel war extrem besorgt über dieses Abkommen. Man war hart an einem Krieg und befürchtete einen israelischen Atomangriff. Jetzt haben wir wieder diese Konfliktkonfiguration. Sie ist noch gefährlicher, weil wir in den USA eine Regierung haben, die sich eng an Israel anschliesst. Wenn Netanjahu einen Präventivschlag gegen Iran beschliessen würde, könnte er durchaus mit der Unterstützung Washingtons rechnen. Das könnte zu einer regionalen, vielleicht sogar zu einer globalen Konfrontation führen.

Nach den jüngsten Angriffen in Syrien hat Israels Ministerpräsident Netanjahu heute mit weiteren Einsätzen gedroht. Gibt es Anzeichen für Entspannung?

Im Augenblick nicht. Die israelische Seite versucht, mit Putin ins Gespräch zu kommen und so eine weitere Eskalation seitens des Iran zu verhindern. Ebenso erhofft man sich von Moskau, dass die syrische Seite nicht weiter in den Konflikt eingreift. Allerdings gibt es derzeit wenig Anzeichen, dass Putin sich vermittelnd einschalten würde. Was die Hintergründe dieser Weigerung sind, verstehen wir im Augenblick noch nicht. Eigentlich bräuchte Putin eine diplomatische Lösung, denn er möchte aus diesem militärischen Konflikt in Syrien entkommen. Wenn die Dinge weiter eskalieren, dann schwindet diese Möglichkeit.

Udo Steinbach

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Nahostexperte Udo Steinbach war Direktor des Deutschen Orient-Instituts der Universität Hamburg und Direktor des GIGA-Instituts für Nahoststudien.

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