In Peru reissen Schlammlawinen alles mit, was ihnen in den Weg kommt. Es ist die schlimmste Klimakatastrophe seit 25 Jahren. Bisher starben 75 Menschen, über 10'000 sind obdachlos.
SRF News: Was ist der Auslöser für diese Katastrophe?
Sandra Weiss: Es ist ein Klimaphänomen, das die Klimaforscher «El Niño costero», «das Küstenkind» genannt haben. El Niño kommt im Pazifikraum häufiger vor, ungefähr alle zehn Jahre. Wenn sich das Wasser im Pazifik erwärmt, ändern sich die Luftströmungen. Dadurch regnet es sehr stark an den Küsten und im Inland ist es sehr trocken. Das erstreckt sich normalerweise über ganz Südamerika, man merkt das sogar in Asien. Aber dieses Phänomen war nicht angekündigt und es betrifft derzeit auch nur die Küste. Deshalb sind die Meteorologen etwas überrascht und verstehen auch noch nicht so richtig, was da genau passiert ist.
Wie ist die aktuelle Situation in Peru?
Die Gewitter dauern noch immer an. Laut Meteorologen wird es auch noch bis Donnerstag weiter regnen. Das Problem ist zur Zeit vor allem im Norden von Peru, dort sind Brücken eingestürzt, einzelne Städte sind völlig überschwemmt und abgeschnitten von der Aussenwelt. Der Präsident ist stark kritisiert worden, weil er in den ersten Tagen die Situation heruntergespielt hat und zögerte, den Notstand auszurufen. Jetzt hat er versprochen, die Flüsse in der Küstenregion zu kanalisieren und Gelder zur Verfügung zu stellen, um die Küste künftig besser auf solche Unwetter vorzubereiten.
Wie kommt Hilfe in diese abgeschnittenen Städte?
Zurzeit versuchen die Hilfskräfte, mit Hubschraubern in die Städte zu kommen. Im Moment lässt das Wetter dies zu. Aber es ist alles andere als einfach: Die Streitkräfte sind im Einsatz und versuchen, die Hilfe zusammen mit dem Krisenstab zu koordinieren.
Wie hoch schätzt man den Schaden im Land?
Das weiss man noch nicht genau. Bei einem vergleichbaren Unwetter Ende der 1990er-Jahre belief sich der Schaden auf über 1,5 Milliarden US-Dollar. Auch dieses Mal sind es über 100 Brücken, die eingestürzt sind, über 1'200 Kilometer Strassen, die zerstört wurden. Die Kosten werden also auch heuer beträchtlich sein.
Dieses Phänomen tritt nicht zum ersten Mal auf – müsste man dies bei der Städteplanung nicht auch beachten, damit so etwas nicht mehr passiert?
El Niño gibt es schon seit Urzeiten, darauf kann man sich vorbereiten. Das Problem ist, dass in den vergangenen Jahren zehntausende Menschen in Gebiete gezogen sind, in denen man eigentlich nicht siedeln kann, in Schluchten oder an Abhängen. Diese Leute müsste man jetzt umsiedeln. Das geht nicht von einem Tag auf den anderen. Aber vielleicht sind sich die Politiker jetzt der Gefahr bewusst geworden und es geschieht endlich etwas.
Das Interview führte Noemi Ackermann.