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Lage in Belarus Gruppen von Migranten durchbrechen Grenze nach Polen

  • Zwei grössere Gruppen von Migrantinnen und Migranten haben die Grenze von Belarus nach Polen durchbrochen.
  • Mehreren Dutzend von ihnen sei es gelungen, Zäune in der Nähe zweier Dörfer zu zerstören und die Grenze zu passieren, berichtet die polnische Nachrichtenagentur PAP.
  • Einige der Flüchtlinge seien nach Belarus zurückgebracht worden, andere seien auf freiem Fuss.

Der örtliche Sender Białystok zitierte eine Sprecherin des Grenzschutzes, dass in der Nähe der polnischen Dörfer Krynki und Białowieża Zäune und Barrieren gewaltsam niedergerissen worden seien. Die Migranten hätten verschiedene Arten von Gerät und Werkzeug gehabt. Ein Teil der Migranten wurde daraufhin nach Belarus zurückgebracht.

Der polnische Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak bestätigt am Mittwochmorgen im öffentlichen Rundfunk: «Es war keine ruhige Nacht. In der Tat gab es viele Versuche, die polnische Grenze zu durchbrechen. Soweit ich gehört habe, wurden alle, welche die Grenze überschritten haben, aufgehalten.» Es seien derzeit 15'000 Soldaten an der Grenze positioniert.

Polnische Behörden melden Schüsse auf belarussischer Seite

Polnische Behörden halten belarussischen Sicherheitskräften vor, die Lage an der Grenze gezielt destabilisieren zu wollen. So hätten belarussiche Sicherheitskräfte im Grenzgebiet Schüsse abgegeben, um Migranten einzuschüchtern. Das schrieb das polnische Verteidigungsministerium am Mittwoch auf Twitter und veröffentlichte dazu ein kurzes Video.

Auf dem knapp sechs Sekunden langen Clip sind ein Schuss und Schreie von Menschen zu hören. Das polnische Ministerium twitterte ausserdem, dass es von belarussischer Seite Gewalt gegen Migranten gebe. Auch würden die belarussichen Sicherheitskräfte den Migranten Werkzeug geben, um den Grenzzaun niederzureissen.

Der belarussische Grenzschutz veröffentlichte dagegen Bilder mehrerer Menschen, die am Kopf und an den Händen bluteten. Zu sehen waren tiefe Schnittwunden in Handflächen, nachdem Menschen versucht hätten, die Stacheldrahtzäune zu überwinden. Es handele sich um Kurden. Sie hätten medizinische Hilfe bekommen, hiess es.

Hunderte wollen nach Polen

Auf belarussischer Seite befinden sich Hunderte Menschen. Nach Angaben der polnischen Behörden erhielten die Flüchtlinge von belarussischen Organisationen Lebensmittel.

Das EU-Mitglied Polen hat Tausende Soldaten an der Grenze stationiert, die einen Durchbruch der Migranten und Flüchtlinge an den Anlagen mit Stacheldraht verhindern sollen.

Luftaufnahme.
Legende: Hunderte Menschen befinden sich auf belarussischer Seite an der Grenze zu Polen, ihnen stehen polnische Sicherheitskräfte gegenüber. Dazwischen: Stacheldraht. Reuters

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hatte am Dienstag gefordert, die Menschen durchzulassen. Sie wollten sich nicht in Polen niederlassen, sondern vor allem in Deutschland, sagte er in einem Interview.

Der als «letzter Diktator Europas» verschriene Politiker steht im Ruf, die Menschen aus Krisenstaaten wie Syrien, Afghanistan, Libyen und Irak gezielt einfliegen zu lassen, um sie dann in Richtung EU-Grenze zu schleusen.

Maas droht mit weiteren Sanktionen

Der geschäftsführende deutsche Aussenminister Heiko Maas (SPD) hat sich derweil für Sanktionen gegen alle ausgesprochen, die sich an der Schleusung von Flüchtlingen nach Belarus beteiligen. «Niemand sollte sich ungestraft an Lukaschenkos menschenverachtenden Aktivitäten beteiligen dürfen», erklärte Maas.

Maas: «Entsetzliche Bilder»

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«Die Bilder und Eindrücke, die wir aus dem belarussischen Grenzgebiet erhalten, sind entsetzlich», teilte Maas schriftlich mit. «Herr Lukaschenko dreht weiter an einer gefährlichen Eskalationsspirale, aus der es für ihn selbst keinen Ausweg gibt. Skrupellos nutzt er Zuflucht suchende Menschen als Geiseln für sein zynisches Machtspiel aus.» Die EU sei aber nicht erpressbar. «Lukaschenko muss erkennen, dass sein Kalkül nicht aufgeht. Das schliesst übrigens auch nicht aus, künftig die Sanktionen auch auf andere Wirtschaftsbereiche auszuweiten.»

Dies gelte für Herkunfts- und Transitstaaten, aber auch für Fluggesellschaften, die den Transport von Menschen nach Belarus ermöglichten. Die Europäische Union sei bereit, «hier klare Konsequenzen zu ziehen».

HeuteMorgen, 10.11.2021, 06:00 Uhr; sda/dpa ; 

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