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Wunsch nach Wechsel in Ostdeutschland
Aus Echo der Zeit vom 19.08.2019. Bild: Keystone
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Landtagswahlen in Deutschland «Die AfD bedient das Gefühl von vor der Wende sehr gut»

In Brandenburg, Sachsen und Thüringen wird im September und Oktober gewählt. Die traditionellen Volksparteien CDU und SPD kämpfen um ihre Machtposition, sie werden massiv bedrängt von der AfD. SRF-Korrespondent Peter Voegeli hält – je nach Wahlausgang – sogar ein Zerbrechen der Koalition in Berlin für möglich.

Peter Voegeli

Peter Voegeli

Italien-Korrespondent

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Peter Voegeli ist seit Januar 2022 Italien-Korrespondent von Radio SRF. Von Rom aus hat er auch den Vatikan, Griechenland und Malta im Blick. Zwischen 2005 und 2011 berichtete er als USA-Korrespondent aus Washington DC. Danach war er während dreieinhalb Jahren Moderator von «Echo der Zeit» und von 2015 bis 2021 Deutschland-Korrespondent in Berlin. Von 1995 bis 2005 arbeitete der Historiker als Korrespondent für Schweizer Printmedien in Bonn und Berlin.

SRF News: Warum sind die anstehenden Landtagswahlen so wichtig?

Peter Voegeli: Weil laut Umfragen die AfD in Brandenburg und Thüringen führt. In Sachsen liegt sie auf Platz zwei, könnte aber durchaus noch gewinnen. Das heisst: Die AfD könnte in allen drei Bundesländern – und damit in drei der fünf Bundesländer im Osten – stärkste Kraft werden. Das würde die politische Statik in Deutschland beeinflussen. Bis jetzt will aber niemand mit der AfD regieren. Das heisst, es gäbe sehr komplizierte Regierungsbildungen.

In Ostdeutschland wird Kritik sehr rasch zur Systemkritik, im Westen nicht.

Vielleicht fällt auch in Sachsen das Tabu der Zusammenarbeit der CDU mit der AfD. Das ist zwar unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. Und schliesslich: Wenn die SPD erneut stark verliert und so reagiert wie nach der Europawahl im Mai, dann ist da auch die grosse Koalition in Berlin gefährdet.

Wie erklären Sie sich diesen Erfolg der AfD in Sachsen?

Das hat einerseits mit der AfD zu tun, aber andererseits auch nicht. Die CDU stellt ja seit 1990 den Ministerpräsidenten in Sachsen und es herrscht nun mal einfach eine ganz starke Wechselstimmung in dem Bundesland.

Zweitens hat die CDU lange einen knallharten Sparkurs verfolgt, der die Kommunen quasi handlungsunfähig gemacht hat. Auch das hat für einen riesigen Unmut in Sachsen geführt. Und drittens bedient die AfD das kollektive Gefühl von 1989, von vor der Wende, sehr gut: «Die da oben machen was sie wollen.» In Ostdeutschland wird Kritik eben sehr rasch zur Systemkritik, im Westen nicht.

Die CDU versucht unter anderem mit dem früheren Chef des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, Wähler zurückzugewinnen...

Maaßen ist ein sehr konservatives CDU-Mitglied. Wenn er an einer CDU-Wahlveranstaltung auftritt, dann zieht er vor allem AfD-Wähler an. Nun hat die CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer in einem Interview suggeriert, sie wolle ein Parteiausschlussverfahren gegen Maaßen anstrengen. Das hat bei der CDU im Osten zu Ärger geführt, weil sie fürchten, das würde noch mehr Wähler in die Arme der AfD treiben – eine von vielen Pannen der CDU.

Maassen am Rednerpult
Legende: Maaßen tritt oft in Sachsen auf. Er ist zwar bei der CDU, zieht aber AfD-Wähler an. Keystone

Der SPD drohen in Brandenburg Verluste. Zu den Gewinnern gehören Umfragen zufolge die Grünen. Was machen sie besser als die SPD?

Die Grünen sind vielleicht im Moment die einzige Partei, die ein abgeschlossenes Weltbild haben – nicht nur in Sachen Klima und Umweltschutz, sondern überhaupt. Sie bedienen ein Lebensgefühl in Deutschland. Und zweitens sagen sie – und das ist jetzt wichtig für die Wahlen im Osten – man wolle raus aus der Kohle. Sie suggerieren den Bergleuten aber gleichzeitig, dass sie Alternativen haben und machen ihnen auch Hoffnungen. Diese Kombination wirkt. In den Städten, auch im Osten, sind die Grünen ohnehin relativ stark und konkurrieren mit SPD und Linken.

Die Regierungsbildung dürfte kompliziert werden. Was heisst das?

In Sachsen könnte es eine Allparteienregierung gegen die AfD geben. Dann wird die AfD sagen: Das hatten wir schon einmal in der DDR. Damals gab es ja auch verschiedene, aber staatstreue Parteien. Und wenn diese Regierung zustande käme, wäre sie sehr instabil. Denn Grüne und CDU sind sich in Sachsen überhaupt nicht grün. Die CDU-Wähler wollen eine konservative und nicht eine grüne CDU. Es könnte also schwierig werden.

Das Gespräch führte Simone Hulliger.

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