Downtown Houston. Die Stadt markiert Überlebenswillen – mit einem Knüpfwerk aus Plastik-Streifen.
Auf der anderen Seite der Strasse, im George R. Brown Convention Center, betreibt das US-amerikanische Rote Kreuz die grösste Auffangstation für Hurrikan-Opfer.
Jasmine und ihre Grossmutter Deena sind hier gestrandet. Sie seien aus ihrem Haus evakuiert worden, als ihnen das Wasser fast bis zum Hals stand, sagt sie.
Shaq, Vernon und Amos haben auch Zuflucht gefunden – sie waren vor dem Hurrikan obdachlos. Vernon, im Rollstuhl, überlebte schon den Hurrikan «Katrina» in New Orleans. Das Lager-Essen sei dort besser gewesen, sagt er.
Gut zwei Wochen nach dem Hurrikan wohnen noch 1100 Menschen im Rot-Kreuz-Obdach. Anfänglich suchten rund 11’000 Menschen Zuflucht. Die letzten, die jetzt noch da sind, kommen aus ärmsten Verhältnissen und wissen nicht, wohin sie gehen sollen. Bis die Bundesnotbehörde FEMA den Notleidenden Geld überweist, kann es dauern. Anträge seien bisher nicht beantwortet worden, erzählen einige Betroffene.
Szenenwechsel. Der 80-jährige Rentner Darell Luthi campiert vor seinem zerstörten Haus in der wohlhabenden Gegend Barkers Landing. Typisch amerikanisch: Immer gute Laune zeigen – selbst in der Katastrophe.
In der Garage hat das Wasser alles zerstört. Alles ist verrottet, der Gestank ist unerträglich. Das Quartier wurde überflutet, nachdem die Behörden nach dem Sturm Wasser aus dem Addicks-Reservoir abgelassen hatten. Sie wendeten so einen katastrophalen Dammbruch ab.
An der Garagenwand hat sich schwarzer Schimmel gebildet.
Die Flut hat Fische in den Swimming Pool geschwemmt – andernorts waren es Schlangen oder Alligatoren.
«Wrecker», Abreisser und Entsorger, haben Konjunktur. Speditive Aufräumarbeit ist dringend notwendig, aus hygienischen Gründen. Das Gesundheitsdepartement von Houston hat Seuchengefahr erklärt.
Doch die 100'000 überfluteten Häuser zu räumen, ist eine Herkulesarbeit. Sie hat erst begonnen – wie lange es dauern wird, die Häuser und Infrastruktur zu sanieren, wagt niemand zu sagen.
Irgendwo im Chaos spielt ein Mann Chopin, in Gummihandschuhen und mit Mundschutz. Untergangs-Poesie in Houston, Texas.