Venezuela entzweit die Linken in ganz Lateinamerika. Es gebe im Wesentlichen zwei Lager, sagt Claudia Detsch von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Buenos Aires. Die deutsche Stiftung unterstützt Forschung zu Politik, Menschenrechten, Demokratie und sozialer Gerechtigkeit.
Detsch hält fest: «Für einige steht die Solidarität mit der venezolanischen Regierung an erster Stelle. Insbesondere aber die gemässigten Linken in Lateinamerika tun sich mit Maduro ausgesprochen schwer.»
Verschiedene Stimmen auch in Uruguay
Besonders sichtbar ist das Dilemma im gemässigt links regierten Uruguay. Im Handelsbündnis Mercosur sperrte sich das Land lange gegen den Ausschluss Venezuelas. Aber nachdem Nicolas Maduro mit seinem Verfassungsrat das gewählte Parlament de facto entmachtete, musste sich Uruguay den konservativ regierten Ländern wie Argentinien und Brasilien beugen und den Ausschluss Venezuelas schliesslich mittragen.
Das Taktieren gehorchte der Parteilogik. Denn zur Regierung Uruguays gehören auch Gruppen mit Sympathien für Nicolas Maduro. Venezuela sorgt als weit über seine Grenzen hinaus für Spannungen.
Inzwischen hat auch das mitte-links Bündnis Chiles die Entwicklung in Venezuela verurteilt. Aber auch da gibt es Gegenwind. Die an der Regierung beteiligten Kommunisten stützen Nicolas Maduro, genauso wie die brasilianische Arbeiterpartei, die heute in der Opposition ist.
Unterstützung aus dem Süden und aus der Karibik
Im Süden des Kontinents hat Venezuela noch zwei Verbündete. Die Linksregierungen von Bolivien und Ecuador. Und namentlich in der Karibik hat Venezuela dank der einst von Hugo Chavez gestarteten Scheckbuchdiplomatie weitere Freunde. Angeführt von Kuba drückten 14 Nationen ihre Solidarität mit Maduro aus; darunter Klein- und Kleinststaaten. Die grossen Länder wie Argentinien, Brasilien und Mexiko verurteilen das Maduro-Regime.
Nach der Warnung von US-Präsident Donald Trump, sein Land könnte auch militärische Mittel gegen Venezuela einsetzen, ist alles noch komplizierter geworden. Detsch sagt dazu: «Solche Aussagen wie die von Präsident Trump, dass man im Notfall auch militärisch intervenieren würde, ist für diese Weggefährten der venezolanischen Regierung auf jeden Fall eine Bestätigung der Sichtweise.»
Einmischung der USA ist generell unerwünscht
Die Drohgebärde kommt aber nicht nur bei den Freunden von Nicolas Maduro schlecht an. Dass sich die USA in die Angelegenheiten Venezuelas einmischt, akzeptiert keine einzige Regierung in Lateinamerika, egal ob sie für oder gegen das Regime in Caracas ist.
Die Debatte unter der Linken ist heftig, sie verläuft aber eher emotional denn zielgerichtet, wie Detsch beobachtet. «Es geht schon gar nicht mehr darum, zu diskutieren, wie man aus dieser Krise herauskommt, wie man zwischen den Parteien in Venezuela vermitteln könnte, sondern es geht nur noch um die Frage, ob man für oder gegen die venezolanische Regierung ist.»
Obschon Venezuela eine Art Notfallpatient ist, dreht sich die Diskussion um die Positionierung der Linken. Aber gerade sie hätten es in der Hand, mässigend auf Nicolas Maduro einzuwirken. Die extremere Linke blendet den Verlust an Rechtsstaatlichkeit in Venezuela aus, weil für sie andere Werte im Vordergrund stehen, vor allem der anti-imperialistische Charakter der sogenannten bolivarischen Revolution. Auch, dass sie ein Gegenentwurf zum Neoliberalismus ist, zählt für die extremere Linke.
Viele illegitime Machtwechsel, aber keine Diktatur
Detsch erinnert an die illegitimen Machtwechsel der letzten Jahre in Honduras, Paraguay und Brasilien, bei denen linke Präsidenten abgesägt und durch rechtsgerichtete Persönlichkeiten ersetzt wurden. Die Proteste darüber seien lau ausgefallen, sagt Detsch, daher kritisiere die extremere Linke Lateinamerikas, dass die Vorgänge in Venezuela nun mit ganz anderen Ellen gemessen würden.
Doch die radikale Linke macht es sich mit dieser Argumentation zu einfach. In Honduras, Paraguay und Brasilien gab es regelwidrige Machtwechsel. Aber keines dieser Länder trägt diktatorische Züge, so wie Venezuela heute.