- Fast tausend Jahre alt ist der Orden der Malteser, heute eine der grössten humanitären Organisationen der Welt.
- Im katholischen Hilfswerk entbrannte ein Richtungsstreit zwischen erzkonservativen und gemässigteren Mitgliedern, worauf schliesslich der Papst intervenierte.
- Neu wird der Orden vom Italiener Giacomo Dalla Torre del Tempio di Sanguinetto für ein Jahr geführt.
Der traditionsreiche Malteserorden wird stets von Adligen geführt, die unter anderem Keuschheit geschworen haben. Trotzdem waren es ausgerechnet Präservative, an denen sich der Streit entzündete.
Der weltweit tätige karitative Malteserorden hatte im ehemaligen Burma Verhütungsmittel verteilt. Und das, obwohl es gegen die offizielle Sexualmoral der katholischen Kirche verstösst. Der Malteserorden ist rein rechtlich zwar souverän, als katholische, karitative Organisation aber stark mit dem Papst und der katholischen Kirche verbunden.
Kondome als Vorwand
Der Schuldige für die Präservativ-Verteilung wurde gefunden: Es war Albrecht von Boeselager, ein Deutscher, der dem eher liberalen Flügel des Ordens zugerechnet wird.
Von Boeselager wurde deshalb vom konservativen Grossmeister Matthew Festing gefeuert. Später hörte man in Rom, wo der Orden seinen Sitz hat: Die burmesischen Präservative seien nur ein Vorwand gewesen, um den gemässigten von Boeselager auszubooten. So könne man den Orden ins erzkonservative Lager führen.
Matthew wurde der Rücktritt nahegelegt
Im nächsten Kapitel dieser kuriosen Römer Palast- und Hinterzimmer-Intrige trat dann Papst Franziskus auf. Er lud den traditionalistischen Grossmeister Festing freundlich, aber entschieden dazu ein, den Hut zu nehmen – was Festing auch sofort tat. Gleichzeitig sorgte der Papst dafür, dass von Boeselager zum Orden zurückkehrte.
In Interviews versuchte der deutsche Adlige diese Vorgänge zu erklären, blieb allerdings vage: Der Orden habe eine Regierungskrise erlebt, ausgelöst durch einen Verstoss gegen die Ordensverfassung, sagte von Boeselager.
Von Präservativen oder Geburtenkontrolle in der Dritten Welt ist nicht die Rede. Auch andere strittige Themen spricht der Orden nicht direkt an. Etwa, ob sich die katholische Kirche für Geschiedene öffnen soll oder für Frauen, die abgetrieben haben. Doch genau hier verlaufen die Bruchlinien.
Nicht nur einem Teil des Malteserordens, sondern auch einzelnen Kardinälen der römischen Kurie, gehen die sehr moderaten Reformen von Papst Franziskus zu weit. Darum mobilisieren erzkonservative Seilschaften in und um den Vatikan die Opposition.
Auch Rechtspopulisten, etwa Matteo Salvini, der Chef der italienischen Lega Nord, kritisieren den Papst immer wieder. Im Malteserorden sehen diese Leute die geeignete Bühne, ihren Kampf auszutragen und zumindest einen Etappensieg zu erringen.
Popularität hilft dem Papst
Doch dazu dürfte es kaum kommen. Zu populär ist der argentinische Papst. Zudem ist ja auch Franziskus kein liberaler Freigeist. Er ist konservativ, aber eben nicht erzkonservativ. Seine moderate Öffnung hin etwa zu Geschiedenen oder sein Einstehen für Flüchtlinge und ihre Rechte waren zumindest bisher unter den Bischöfen und Kardinälen in Rom und weltweit mehrheitsfähig.
Dem wird der neue Grossmeister des Malteserordens Rechnung tragen müssen. Viele rechnen darum damit, dass sich der Orden in kleinen Schritten bewegt, so wie es Franziskus vormacht. So könnte es sein, dass der maltesische Grossmeister in Zukunft vielleicht nicht mehr zwingend ein Adliger sein muss. Doch am Keuschheitsgelübde wird wohl kaum gerüttelt.