Zum Inhalt springen

Machtspiel um Nordkorea «Die Sanktionen sind in Kraft und tun Nordkorea weh»

Eine Übung für einen Langstreckenangriff soll der nordkoreanische Führer Kim Jong-un angeordnet haben. Gemäss den Beobachtungen Südkoreas hat Nordkorea damit seine Waffentests fortgesetzt. Die USA haben einen nordkoreanischen Frachter beschlagnahmt. Wie dies zusammenhängt, erklärt Nordkorea-Experte Martin Fritz.

Martin Fritz

Freier Journalist

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Der Journalist Martin Fritz arbeitete als Radio-Korrespondent für die ARD in Tokio. Als freier Journalist berichtet er nun neben Japan auch über Nord- und Südkorea. Vorher war er fünf Jahre lang Südasien-Korrespondent in Neu-Delhi.

SRF News: Was weiss man über die Beschlagnahmung des Frachters?

Dieses nordkoreanische Schiff soll gegen UNO-Sanktionen verstossen haben. Es habe illegal Kohle aus Nordkorea verschifft und schwere Maschinen importiert. Das hat das US-Justizministerium in Washington mitgeteilt. Der Frachter ist vor einem Jahr in Indonesien festgehalten worden und soll sich erst jetzt auf dem Weg in US-Hoheitsgewässer befinden. Eine solche Beschlagnahmung hat es zum ersten Mal gegeben. Der Zeitpunkt, dies bekanntzugeben, ist sicherlich kein Zufall, nach den mehrfachen Raketentests von Nordkorea in den letzten sechs Tagen.

Die staatliche nordkoreanische Nachrichtenagentur hat gemeldet, man habe einen Test mit Langstreckenraketen gemacht. Hat man die Raketen getestet, aber nicht abgefeuert?

Das ist ein bisschen verwirrend. Es ist von einem Langstreckenraketen-Test in Richtung USA die Rede. Tatsächlich aber wurden zwei Kurzstreckenraketen gestartet. Ein Foto von einer solchen startenden Rakete hat die nordkoreanische Nachrichtenagentur veröffentlicht.

Alle Seiten vermeiden das Wort Provokation.

Die Raketen flogen 270 und 420 Kilometer weit und waren laut US-Verteidigungsministerium ballistische Raketen. Das sind Raketen, die auf einer Parabel ins Ziel fliegen. Der Abschuss solcher ballistischer Raketen ist Nordkorea durch UNO-Sanktionen untersagt.

Wie hängen das beschlagnahmte Frachtschiff und diese Raketenübung zusammen?

Es sieht so aus, als dass die eine Seite etwas mache, und die andere Seite darauf reagiere. Das Interessante dabei ist, dass alle Seiten das Wort Provokation vermeiden.

Nordkorea will die Sanktionen loswerden und möchte darüber wieder verhandeln.

Weder Trump hat dieses Wort benutzt noch Südkoreas Präsident Moon Jae-in. Beim ersten Waffentest vor sechs Tagen hat Nordkorea selbst gesagt, diese Tests seien nicht als Provokation gemeint. Aber natürlich handelt es sich um eine Art Provokation. Vielleicht will sich Nordkorea in Erinnerung bringen, weil Trump im Moment mit China und dem Iran sehr beschäftigt ist.

Wie weit ist man von neuen Gesprächen zwischen den USA und Nordkorea entfernt?

Nordkorea will die Sanktionen loswerden und möchte darüber wieder verhandeln. Allerdings hat es sich selbst eingeschränkt. Die nordkoreanische Führung hat verlangt, dass US-Aussenminister Pompeo nicht mehr am Verhandlungstisch sitzt. Die US-Seite hat diese Forderung ignoriert. Die USA spielen seit dem gescheiterten Gipfel von Hanoi im Februar auf Zeit. Man weiss, dass die Sanktionen weiter in Kraft sind und Nordkorea wehtun. Darauf haben die USA mit der Beschlagnahmung dieses Frachters noch einmal hingewiesen.

Die Annäherung zwischen den USA und Nordkorea steht aber nicht grundsätzlich auf dem Spiel?

Die Chancen sind sicherlich geschwunden, dass es bald zu neuen Atomverhandlungen kommt. Dazu scheinen beide Seiten nicht bereit zu sein. In dieser Atmosphäre kann man sich nicht zusammensetzen und in Ruhe sprechen. Aber die vorsichtige Wortwahl auf beiden Seiten zeigt meiner Meinung nach, dass man diese Phase erst einmal durchstehen und nicht grundsätzlich alles aufs Spiel setzen will.

Das Gespräch führte Salvador Atasoy.

Meistgelesene Artikel