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Macron vor dem US-Kongress Brandrede gegen den «Trumpismus»

Küsschen, Umarmungen – «Bromance» zwischen Trump und Macron – das war gestern. Heute im US-Kongress hielt Macron eine Rede, die den zentralen Werten der aktuellen US-Regierung diametral widersprach. Er nannte Trump dabei nicht direkt beim Namen. Aber der Adressat war klar. Schonungslos legte Macron die Differenzen auf den Tisch: Klima-Abkommen, Iran-Deal, Welthandel. Bei all diesen Themen will der französische Präsident andere Wege gehen.

Den Klimawandel hatte Donald Trump im Januar bei seiner eigenen Rede an den Kongress mit keinem Wort erwähnt. Macron hingegen machte aus Trumps Motto «Make America Great Again» ein «Make our Planet Great Again». Ein Seitenhieb, der sich gewaschen hat. Die Demokraten jubelten, die Republikaner schwiegen.

Dem Isolationismus und Nationalismus sagte Macron den Kampf an. Auch hier nannte er Trump nicht namentlich. Jedem im Saal muss aber klar gewesen sein, dass die Warnung direkt an den US-Präsidenten gerichtet war.

Unterstützung für Atom-Abkommen

Auffallend waren auch die vielen Referenzen an Kultur, Geschichte und Wissenschaft in Macrons Rede. Der Kontrast zu Trumps grobschlächtigem Polit-Stil, der eher auf diffuse Ängste als auf Intellekt setzt, könnte kaum deutlicher sein. Europa ist sich nicht mehr sicher, für welche Werte die USA auf der Welt einstehen wollen. Macron deponierte diese Bedenken charmant aber bestimmt – mitten im US-Kongress, dem Herzen der US-Demokratie.

Macron untermauerte seine Forderung nach einem neuen, umfassenderen Deal mit dem Iran. Er will Trump so davon abhalten, im Mai aus dem Atom-Abkommen auszusteigen. Doch Trump steht unter Druck der konservativen Basis. Sie fordert vom US-Präsidenten, das Abkommen in der Luft zu zerreissen und damit ein zentrales Wahlversprechen einzulösen.

Charme und Widerspruch

Macron hat sich mit der emotionalen Rede stärker von Trump distanziert, als man es nach den Nettigkeiten der letzten zwei Tage erwarten konnte. Der US-Präsident hat bisher gezeigt, dass er mit Dissonanzen leben kann, wenn die persönliche Beziehung funktioniert – siehe Beispiel China. Macron scheint sich daran zu orientieren – mit ungewissem Ausgang.

Ganz anders ist die Ausgangslage für Angela Merkel, die am Freitag im Weissen Haus erwartet wird. Trump und Merkel scheinen sich nicht ausstehen zu können. Spannend wird insbesondere sein, wie Merkel auf Macrons Vorpreschen in Sachen Iran reagiert. Die Zeit drängt: Bis zum 12. Mai muss Trump über das weitere Vorgehen entscheiden.

Thomas von Grünigen

USA-Korrespondent, SRF

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Thomas von Grünigen ist seit Januar 2015 SRF-Korrespondent in New York. Zuvor arbeitete er in der «Rundschau»-Redaktion von SRF. Seine ersten Schritte im Journalismus machte er beim US-Sender ABC News und beim Lokalsender TeleBärn. Er hat an den Universitäten Freiburg und Bern sowie an der American University in Washington DC Medienwissenschaft, Journalistik und Anglistik studiert.

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