Pro- und contra-Petitionen
SRF News: 200'000 Franzosen haben im Netz eine Petition gegen die aufgewertete Rolle von Brigitte Macron unterschrieben. Ist sie so unpopulär im Volk?
Alexandra Gubser: Nein, im Gegenteil. Die Franzosen sind stolz auf Brigitte Macron, ihren eleganten Stil und darauf, dass sie ihrem Mann, dem Staatspräsidenten, auf Augenhöhe begegnet. Die Petition richtet sich in keiner Weise gegen die Person von Brigitte Macron. Die Petitionäre befürchten vielmehr, dass ein offizielles Statut für die Première Dame enorm viel Geld verschlingen könnte – und das in einer Zeit, da doch alle den Gürtel enger schnallen müssen. Ausgaben für ein eigenes Budget für die Frau des Präsidenten stehen quer in der Landschaft. Bislang steht der Première Dame übrigens ein Büro zur Verfügung plus zwei, drei Mitarbeiter und Begleitschutz. Das kommt laut Rechnungshof auf zirka 450'000 Euro jährlich, die aber im Budget des Staatspräsidenten enthalten sind und nicht separat ausgewiesen werden.
Brigitte Macron soll für ihre öffentliche Arbeit keinen Lohn erhalten – bloss ein eigenes Budget.
Emmanuel Macron hatte im Wahlkampf versprochen, mit der Günstlingswirtschaft aufzuhören. Gilt das nicht für seine eigene Frau?
Ich würde nicht von Günstlingswirtschaft sprechen. Im Gegensatz zu Macrons Wahlkampf-Rivalen François Fillon, der seine Frau jahrelang für anscheinend fiktive Arbeit fürstlich entlohnt hatte, will Brigitte Macron durchaus arbeiten. Für ihre öffentliche Rolle soll sie einen öffentlichen Status und ein Budget erhalten. Lohn allerdings soll sie keinen bekommen, wie Macron im Wahlkampf immer wieder betont hatte.
Wahrscheinlich ist das Ganze eher ein Sturm im Wasserglas.
Bislang sehen weder die Verfassung noch das präsidiale Protokoll für die Première Dame in Frankreich einen offiziellen Status vor. Deshalb kann sie eigentlich machen, was sie will. Im Gegensatz zu mancher ihrer Vorgängerinnen im Elysée will sich Brigitte Macron nun öffentlich engagieren. Die Rede ist von einem Engagement für Autisten oder Jugendliche in prekären Situationen. Juristen sind daran, eine Charta auszuarbeiten, welche die Aufgaben und Ausgaben dieses Engagements transparent machen soll.
Wo sehen die Franzosen dabei ein Problem?
Es geht ums Geld – und um verletzte Eitelkeiten im Parlament. Die unterlegene extreme Linke hat im sogenannten Moralisierungsgesetz, welches die Politiker und ihre Privilegien betrifft, verschiedene Änderungsanträge eingebracht. Sie ist damit aber unterlegen. Eine der Änderungen betraf das Budget für die Première Dame. Jetzt versucht die Linke, den neuen Status per Petition zu verhindern. Wahrscheinlich ist das Ganze eher ein Sturm im Wasserglas.
Klar ist trotzdem: Macrons Beliebtheit hat deutlich nachgelassen seit seiner Wahl im Mai. Hat der Wind im Volk bereits gedreht?
Ein wenig schon, denn seine Beliebtheitswerte sinken schneller als jene von Nicolas Sarkozy 2007; und das will etwas heissen. Macron hat sich teilweise auch selbst entzaubert. Einerseits werden seine Reformpläne nun konkret – die Menschen merken, dass sie sich einschränken müssen. Deshalb finden sie Macron nicht mehr so toll. Andererseits haben viele das Gefühl, einem Verführer aufgesessen zu sein, der seine Sparpolitik gut versteckt hat – obschon das so nicht stimmt, denn Macron hat im Wahlkampf immer wieder betont, dass die nötigen Reformen weh tun würden. Trotzdem: An der grundsätzlichen Zustimmung der Franzosen, dass sich etwas ändern muss, hat sich wohl noch nicht allzu viel geändert. Dies schliesst jedoch Proteste gegen die geplante Arbeitsmarktreform nach den Sommerferien nicht aus.
Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.