- Der 39-jährige Emmanuel Macron wird Frankreichs neuer Präsident.
- Der pro-europäische Linksliberale setzt sich nach Auszählung fast aller Wahlzettel mit 66,06 Prozent gegen die rechtspopulistische Kandidatin Marine Le Pen durch.
- Macron appellierte in der Rede vor seinen Anhängern an die Einheit Frankreichs.
Er wolle nun die Spaltung des Landes überwinden, sagte Macron in Paris. «Ich kenne die Wut, die Angst und die Zweifel» der Franzosen. Er respektiere die Überzeugungen der Menschen, die sich gegen ihn entschieden. Und: «Ich werde alles tun, damit es keinen einzigen Grund mehr geben wird, für die Extremen zu stimmen.» Sein Ziel sei es, «die Einheit der Nation zu sichern» und die Bürger wieder mit Europa auszusöhnen.
Ich werde Europa verteidigen. Die Schicksalsgemeinschaft, die sich die Völker unseres Kontinents gegeben haben.
Le Pen gestand ihre Niederlage ein und gratulierte Macron zum Wahlsieg. Sie kündigte ihm aber – wenige Wochen vor der im Juni anstehenden Parlamentswahl – eine harte Opposition ihrer Partei Front National an.
«Frankreich hat die Kontinuität gewählt», sagte Le Pen, die Macron immer wieder als Erbe des scheidenden sozialistischen Präsidenten François Hollande tituliert hat. Das Abschneiden ihrer Partei sei historisch, sagte sie. Die Partei müsse sich nun aber erneuern, damit sie eine neue politische Kraft werden könne.
Zwei von drei wählten Macron
Nach Auszählung fast aller Wahlzettel kommt Macron auf 66,06 Prozent der Stimmen, Le Pen erhält 33,94 Prozent. Macron gewinnt somit mit grösserem Abstand, als von den letzten offiziellen Umfragen vorhergesagt worden war. Tausende Macron-Anhänger jubelten nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen im grossen Innenhof des Louvre-Museums im Herzen der Hauptstadt.
Macron wird das jüngste Staatsoberhaupt seit Napoleon. Die Nachfolge des scheidenden Amtsinhabers François Hollande wird er spätestens am kommenden Sonntag antreten. Macron plant sozialliberale Reformen in Frankreich und will die Zusammenarbeit in der EU und in der Eurozone vertiefen. Den Sieg Macrons nannte Hollande ein Zeichen der Einheit. Die grosse Mehrheit der Bürger wolle sich um die Werte der Republik versammeln und ihre Zugehörigkeit zur EU zeigen.
Der Ausgang der Wahl ist nicht nur wegweisend für die französische Politik der kommenden Jahre. Der Urnengang galt auch als Schicksalswahl für Europa: Le Pen hatte ein Referendum über einen EU-Austritt Frankreichs angekündigt und ist gegen den Euro.
Le Pen etabliert Front National
Auch wenn Le Pen nicht in den Elyséepalast einzieht, hat sie das politische Gefüge in Frankreich massgeblich auf den Kopf gestellt. Der 48-Jährigen ist es gelungen, den FN als eine für viele Franzosen wählbare nationalistische Partei zu etablieren.
Macron muss nun ein gespaltenes Land einen und vor allem die enttäuschten Nicht-Wähler überzeugen. Dafür bleibt ihm wenig Zeit, denn bereits am 11. und 18. Juni steht die Parlamentswahl an.
Macron wird versuchen, eine eigene Mehrheit zu erringen. Obwohl seine Bewegung «En Marche!» erst vor einem Jahr gegründet wurde und ihr der Unterbau einer etablierten Partei fehlt, sind einige Meinungsforscher überzeugt, dass dies gelingen könnte.
Keine Zugehörigkeit zu den etablierten Parteien
Voraussetzung dafür ist auch eine hohe Wahlbeteiligung. Diesmal aber blieb Umfragen zufolge jeder vierte Wahlberechtigte der Abstimmung fern. Vor fünf Jahren lag die Wahlbeteiligung bei knapp 80 Prozent. Im April betrug sie noch 78 Prozent. Vor allem viele Linke waren nach der ersten Runde, als sich elf Kandidaten bewarben, enttäuscht vom Abschneiden ihrer Kandidaten und gingen nicht wählen.
Erstmals bestritten eine Stichwahl zwei Kandidaten, die weder den Konservativen noch den Sozialisten angehören. Amtsinhaber Hollande ist so unbeliebt wie keiner seiner Vorgänger und war gar nicht erst für eine zweite Amtszeit angetreten.