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UNO beschliesst Gedenktag zum Völkermord von Srebrenica
Aus Tagesschau vom 24.05.2024.
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Massaker von Srebrenica 1995 So reagieren Bosnien und Serbien auf den Srebrenica-Gedenktag

Am 11. Juli wird künftig der Opfer von Srebrenica gedacht. Die Reaktionen zum Gedenktag gehen stark auseinander.

Worum geht es? Die UNO-Vollversammlung in New York hat beschlossen, dass der 11. Juli künftig ein internationaler Gedenktag für die Opfer des Völkermords von Srebrenica sein soll. Die Welt soll künftig einmal im Jahr der 8000 Getöteten gedenken.

Massaker von Srebrenica

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Mann betrachtet die Stelle, an der die Überreste von Opfern von Srebrenica von bosnischen Muslimen gefunden wurden.
Legende: Genozid von Srebrenica Damit sich auch zukünftige Generationen an die Ereignisse von damals erinnern, wird der 11. Juli zum internationalen Gedenktag an den Völkermord von Srebrenica erklärt. Keystone/AP/Amel Emric (21.04.2024)

Im Zuge des Bosnienkriegs marschierten am 11. Juli 1995 bosnisch-serbische Truppen und serbische Paramilitärs in die kleine, ostbosnische Stadt Srebrenica ein, wo sie in wenigen Tagen mehr als 8000 bosnische Muslime töteten. 20'000 Menschen wurden vertrieben. Srebrenica war damals Zufluchtsstätte für Zehntausende bosnischer Muslime und eine UNO-Schutzzone.

Urteile des Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) sowie des Internationalen Gerichtshofs (IGH) haben den Genozid-Charakter des Massakers von Srebrenica juristisch festgestellt.

Der damalige politische Führer der bosnischen Serben, Radovan Karadzic, und der Kommandant der sogenannten Bosnisch-Serbischen Armee, Ratko Mladic, wurden vom ICTY zu lebenslangen Gefängnisstrafen verurteilt.

Wie kommt der Beschluss in Bosnien an? Die Reaktionen auf die Resolution fallen sehr unterschiedlich aus. Organisationen von Überlebenden begrüssen sie. Der Direktor des Srebrenica Memorial Centers sieht sie als letztes Kapitel im Kampf um die weltweite Anerkennung des Völkermordes. Ähnlich sehen das auch Politiker und Politikerinnen der Föderation Bosnien und Herzegowinas oder der bosniakische Repräsentant im Staatspräsidium von Bosnien und Herzegowina. Im mehrheitlich serbisch bewohnten Teil, der Republika Srpska, wird die Legitimität der Abstimmung hingegen infrage gestellt. Deren Präsident, Milorad Dodik, behauptete sogar, die Resolution sei gescheitert.

UN-Generalversammlung während einer Abstimmung.
Legende: Trotz des serbischen Widerstands wird der 11. Juli zu einem Tag der Reflexion und des Gedenkens. Reuters/Eduardo Munoz (23.05.2024)

Wie sind die Reaktionen in Serbien? Serbien reagiert ähnlich wie die Republika Srpska. Präsident Aleksandar Vucic verbreitete über Social Media, dass eine Mehrheit der Länder auf der Seite Serbiens sei. Zusammengezählt hätten mehr Länder sich enthalten (68) oder dagegen gestimmt (19). Aber Tatsache ist: Am Ende stimmten 84 Länder für die Resolution. Vucic wiederholte zudem die Lüge, Absicht der Resolution sei es gewesen, Serbien und das serbische Volk als genozidal zu brandmarken. Der Resolutionstext erwähnt dies in keinem Wort.

Menschenmenge mit serbischer Fahne und Porträt von Ratko Mladic bei einer Demonstration in Banja Luka.
Legende: In Bosnien und Herzegowina sowie Serbien dominierte die Diskussion um die Resolution die letzten Wochen. In Banja Luka, der de-facto-Hauptstadt der Republika Srpska, gab es im April eine grosse Demonstration gegen die Resolution. Es wurden Fotos von Ratko Mladic gezeigt, dem Hauptverantwortlichen für den Völkermord in Srebrenica. Reuters/Amel Emric (18.04.2024)

Was bedeutet dieser Schritt? Es ist primär ein symbolischer Entscheid. Doch für die Opfer und ihre Angehörigen ist es ein wichtiger Schritt der internationalen Anerkennung. Gerichtlich wurde zwar bereits festgehalten, dass es in Srebrenica zu einem Völkermord gekommen ist. Nun wird der Völkermord auch innerhalb der UNO anerkannt. Der Völkermord hat 1995 im Beisein von Blauhelmsoldaten stattgefunden. Sie hätten die Schutzzone Srebrenica schützen sollen.

Drei ältere Frauen sitzen beisammen, zwei davon umarmen sich.
Legende: Die UNO-Resolution ist ein wichtiges Symbol für die Hinterbliebenen, beispielsweise für die Mitglieder des Vereins «Mütter von Srebrenica» (im Bild). AP/Armin Durgut (23.05.2024)

Was bedeutet der Gedenktag für Bosnien? In Bosnien selbst dürfte sich wenig ändern. Der 11. Juli ist in der Föderation Bosnien und Herzegowina bereits ein Gedenktag. Das Leugnen des Völkermordes ist im ganzen Land verboten. Trotzdem wird er in der Republika Srpska häufig geleugnet oder die damaligen Täter werden verherrlicht. Beides dürfte auch in Zukunft weiter passieren.

Wie wird das Thema Bosnien künftig beschäftigen? Bosnien Herzegowina bleibt ein fragiler Staat. Politiker und Politikerinnen scheuen nicht davor zurück, nationalistische Töne anzuschlagen. Milorad Dodik arbeitet weiterhin an der Diskreditierung Bosnien und Herzegowinas als Gesamtstaat. Die Debatte um die Resolution verdeutlicht, dass die Aufarbeitung des Krieges der 1990er-Jahre noch lange nicht abgeschlossen ist. Es mangelt an der Bereitschaft, sich kritisch mit der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen und eigene Verbrechen anzuerkennen.

SRF 4 News, 24.05.2024, 06:17 Uhr ; 

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