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May legt Brexit-Fahrplan vor «Vieles spricht für die harte Variante»

Wie weiter nach dem Brexit? Der Politologe Florian Hartleb sieht schwere Zeiten auf Grossbritannien zukommen.

SRF News: Welche Richtung wird die britische Regierung punkto Brexit einschlagen?

Florian Hartleb: Es zeichnet sich deutlich ab, dass der Brexit durchgezogen wird und zwar auf die harte Variante. So äussert Finanzminister Phillip Hammond schon deutlich, dass Grossbritannien ein neues Wirtschaftsmodell sucht für den Fall, dass es zu keiner Einigung mit der EU kommt.

Die Schweiz ist jetzt schon weitaus näher an der EU als Grossbritannien.

Wie könnte denn so ein neues Wirtschaftsmodell für Grossbritannien aussehen?

Es spricht einiges dafür, dass man dem Weg der Schweiz oder demjenigen Norwegens folgt. Aber hier spricht dagegen, dass die Schweiz als Mitglied des Schengen-Raums im Grunde jetzt schon weitaus näher an der EU ist als Grossbritannien. Es ist wahrscheinlicher, dass Grossbritannien hier einen ganz eigenen Weg verfolgt, der weiter weggeht vom Schweizer Modell.

Der Schuss kann nach hinten losgehen.

Grossbritanniens Wirtschaft ist stark abhängig vom Finanzsektor und dieser wiederum vom EU-Binnenmarkt. Droht nicht ein Bedeutungsverlust für die britische Wirtschaft und den britischen Finanzmarkt?

Für den Finanzmarkt auf jeden Fall. Es kann davon ausgegangen werden, dass London massiv unter Druck gerät. Der Finanzmarkt könnte sich stärker nach Frankfurt oder vielleicht nach Zürich orientieren. Und gerade bei den jungen Leuten in Grossbritannien zeichnet sich eine Perspektivlosigkeit ab. Viele Arbeitnehmer und auch viele Studierende verlassen bereits Grossbritannien. Auch viele Studierende. Es kann sein, dass es zu einem Bumerang-Effekt kommt und dass der Schuss nach hinten losgeht. Denn die jungen Leute haben grösstenteils für den Verbleib in der Europäischen Union gestimmt.

Einige Kommentatoren sagen, die EU könnte jetzt auseinanderbrechen. Sehen Sie das auch so?

Es ist nicht so dramatisch. Es stehen zwar in wenigen Monaten wichtige Wahlen an. Doch selbst die Rechtspopulisten wollen gar nicht raus aus der EU. Selbst der ungarische Premierminister Viktor Orbán hat einst bei der Brexit-Kampagne für den Verbleib Grossbritanniens geworben. Die Populisten sind sich sehr uneins und ich glaube nicht, dass die EU auseinanderbrechen wird.

Das Interview führte Christoph Kellenberger.

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