Das Wichtigste in Kürze:
- Am Dienstag kündigte die britische Premierministerin May einen harten Bruch mit der EU an.
- In Schottland reagiert man entsetzt, auch in Nordirland werden dunkle Befürchtungen wach.
- Londons Pläne eines harten Brexit bedrohen nun auch das Vereinigte Königreich.
Der Frohsinn und der Optimismus der britischen Regierung über die künftigen Beziehungen zur EU nach einem «harten Brexit» des Vereinigten Königreichs werden in Schottland und Irland nicht geteilt.
Bald ein neues Unabhängigkeitsreferendum?
Die schottische Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon war sichtlich bestürzt über die Radikalität der Pläne von Premierministerin Theresa May: «Wenn das der Plan der konservativen Regierung ist – Austritt aus dem Binnenmarkt – dann werde ich mich dagegen wehren», sagte Sturgeon. Schliesslich hätten die Schotten gegen den Brexit gestimmt.
Ob nun ein zweites Unabhängigkeitsreferendum unausweichlich geworden sei, wurde sie gefragt: «Well – ja, ich denke das ist wohl so», bestätigte sie ungewöhnlich stockend. Damit geht es nun nicht mehr allein um den Zusammenhalt der EU, sondern auch um jenen der britischen Union.
Es wäre eine Katastrophe, den Briten zu erlauben, einen Teil Irlands gegen seinen Willen aus der EU zu zerren.
Auch Schottlands engste Nachbarin, die britische Provinz Nordirland, wollte letzten Juni in der EU bleiben, wie Gerry Adams, Präsident der gesamtirischen Sinn-Féin-Partei, am irischen Radio in Erinnerung rief. Für ihn wäre es «eine Katastrophe», den Briten zu erlauben, einen Teil Irlands gegen seinen Willen aus der EU zu zerren.
Adams fordert deshalb einen Sonderstatus für Nordirland. Dies könne ein erster Schritt sein zur Wiedervereinigung, denn nun seien Grenzpfähle an der irischen Grenze unvermeidlich geworden.
Skepsis auch in Dublin
Um diplomatische Höflichkeit bemühte sich dagegen der irische Premierminister Enda Kenny. Mays Rede bringe zumindest mehr Klarheit, sagte er im Parlament in Dublin. Anders sah das Oppositionsführer Micheál Martin: «Klarheit ist schön und gut, aber nicht diese negative Klarheit», sagte er.
Dann regten sich Erinnerungen an die imperialen Briten: Es gälten nur die britischen Interessen, stellte Martin fest. «May spricht zuckersüss, aber handeln wird sie anders.» Konkret geht es um den kleinen Grenzverkehr, um Irlands intensiven Handel mit der britischen Nachbarin, um Verflechtungen aller Art.
May spricht zuckersüss, aber handeln wird sie anders
Deutlich wurde sodann der Chef des irischen Arbeitgeberverbandes, Danny McCoy: «Die britische Strategie ist äusserst aggressiv.» Die irische Geschäftswelt müsse deshalb neu denken und ihre eigene Regierung entsprechend in den Verhandlungen beeinflussen.
Nicht nur in England dreht sich der Brexit um Identität und Erinnerung, sondern auch bei den keltischen Nachbarn.