- Nach dem Abgang einer gewaltigen Schlammlawine in Japan hat sich die Zahl der Todesopfer und Vermissten erhöht
- Ein viertes Todesopfer wurde am Montag in Atami geborgen, wie die örtlichen Behörden bekannt gaben.
- Die Suche nach Vermissten geht weiter.
Die Bilder aus dem für seine heissen Thermal-Bäder bekannten Küstenort Atami in der Präfektur Shizuoka erinnerten an Szenen einer Tsunami-Katastrophe. Derweil setzten die Bergungstrupps in dem Unglücksgebiet in der Präfektur Shizuoka ihre Suche nach Dutzenden Vermissten fort – erschwert durch andauernden Regen.
Die Behörden hatten zunächst Schwierigkeiten, die genaue Zahl der Vermissten festzustellen. Nach dem Unglück vom Samstag war erst von rund 20 Menschen die Rede gewesen. Am Montag galt jedoch auf Basis der Einwohnermeldedaten das Schicksal von 80 Menschen als noch ungewiss, wie der japanische Fernsehsender NHK am Abend (Ortszeit) berichtete.
Die Schlammlawine war am Samstag mit donnerndem Getöse einen Bergabhang hinabgerutscht und hatte alles niedergewalzt, was ihr in den Weg kam: Strommasten, Autos, ganze Wohngebäude, die wie Kartenhäuser einstürzten. Strassen versanken im Morast. «Die Erde rutschte bis zur Vorderseite des Ladens. Es klang wie ein Bagger, der ein Haus zertrümmert», erzählte der Mitarbeiter eines Glasstudios in Atami japanischen Reportern. Davor geparkte Autos seien weggespült worden.
Das Fernsehen zeigte, wie eine massive schwarze Schlammwelle plötzlich von einem Abhang durch mehrere Häuser brach und alles mit sich riss.
Die Lawine erreichte laut Experten eine Geschwindigkeit von etwa 40 Kilometern in der Stunde. Sie erstreckte sich über eine Länge von rund zwei Kilometern bis nahe an die Küste. Laut Augenzeugen rutschten die Erd- und Sandmassen in mehreren Schüben den Abhang herab. Nach ersten Erkenntnissen wurden zehn Häuser zerstört, mindestens 130 weitere beschädigt.
Gefahr durch erneute Erdrutsche
Die Arbeit der Hunderten von Einsatzkräften wurde immer wieder unterbrochen, da die Gefahr erneuter Erdrutsche besteht. Nach Angaben der Stadt Atami erstreckt sich die Zerstörung auf ein Gebiet von rund 120'000 Quadratmetern. Dort seien 215 Bewohner registriert, meldete NHK unter Berufung auf die Stadtverwaltung.
Bisher seien 135 dieser Personen unversehrt ausfindig gemacht worden. Nach dem Verbleib der übrigen 80 gemeldeten Bewohner werde noch gefahndet, hiess es. Einige Bewohner könnten vor dem Unglück weggezogen sein. Im Internet baten Bürger um Hinweise über den Verbleib ihrer vermissten Verwandten.
Klimawandel und Waldrodungen
Im Zuge der globalen Klimaerwärmung verzeichnet Japan immer mehr starke Regenfälle, wodurch es auch immer öfter zu Erdrutschen kommt. In den zurückliegenden zehn Jahren gingen nach amtlichen Angaben jährlich im Schnitt fast 1500 Erdrutsche in dem bergigen Inselreich ab – das sind fast doppelt so viele wie in den zehn Jahren zuvor.
Der Gouverneur der Präfektur Shizuoka, Heita Kawakatsu, kündigte eine Untersuchung an, um herauszufinden, ob möglicherweise Waldrodungen für Bauprojekte dazu geführt haben, dass der Boden der Berghänge erosionsgefährdet war.