Es sind inspirierende Zeiten für einen wie Niq Mhlongo. Ein Land, das taumelt. Politisch, wirtschaftlich, sozial. Eine Partei, deren Nimbus verblasst ist und in der es hörbar rumort. Und ein Präsident, der den Staat in einen Selbstbedienungsladen verwandelt hat. Viel Stoff also, für einen wie Niq Mhlongo, den Schriftsteller.
Er lebe in einem aufregenden Land, sagt er. Ein Land, in dem viel Hoffnung ist – auf dem allerdings immer wieder herumgetrampelt wird. Wie sehr, das steht fast jeden Tag in der Zeitung.
Das zerstörte Vermächtnis Mandelas
Da ist zum Beispiel die Affäre um die indischstämmige Gupta-Familie: schwerreiche Unternehmer und Freunde von Jacob Zuma. Mit ihnen teilte sich der Präsident die Reichtümer des Landes auf, wie unlängst bekannt wurde. Die Guptas erhielten staatliche Aufträge, und sollen gar bei der Besetzung von Ministerposten mitgeredet haben – im Gegenzug gab's viel Geld.
Der Name Gupta – so sagt Niq Mhlongo – sei zum Symbol geworden, zum Sündenbock für alles was schiefläuft im Land: «Gupta steht für die Korruption im Land, die Destabilisierung der Wirtschaft, für die Rezession, in der wir stecken. Die hohe Arbeitslosigkeit. Der Name Gupta steht auch für den ANC, die Regierungspartei. Die Bewegung von Nelson Mandela. Dessen Vermächtnis wurde zerstört von den Guptas. Und wenn wir Gupta sagen, so meinen wir nicht nur die Gupta-Brüder, sondern auch den Präsidenten und seine Minister.»
Eine gute Schulbildung zum Beispiel spielt keine Rolle mehr. Der Präsident ist ja auch nicht gebildet - aber er ist reich und kontrolliert die Gebildeten.
Viele Menschen seien desillusioniert, sagt Mhlongo. Weil sie glauben, dass in Südafrika Erfolg und Aufstieg nichts mehr mit Leistung oder Bildung zu tun haben: «Eine gute Schulbildung zum Beispiel spielt keine Rolle mehr. Der Präsident ist ja auch nicht gebildet – aber er ist reich und kontrolliert die Gebildeten. Und er schanzt seinen Freunden Aufträge zu. In Südafrika schafft es also tendenziell nur nach oben, wer Connections, wer Beziehungen hat.»
Man wählt nicht mehr einfach nur den ANC, weil man schwarz ist und weil der ANC die Partei von Nelson Mandela ist.
Wer reich werden wolle, müsse dem ANC treu ergeben sein. Und nicht dem Staat. Gleichzeitig aber beobachtet Mhlongo, dass die Menschen in Südafrika politischer geworden seien. Sie seien engagierter, informierten sich besser über die politischen Parteien und was sie anzubieten hätten: «Man wählt nicht mehr einfach nur den ANC weil man schwarz ist und weil der ANC die Partei von Nelson Mandela ist. Man wählt eine Partei, weil man ihr Programm kennt und sich damit identifizieren kann. Denn, trifft man die falsche Wahl, enden wir in einem Staat, wie wir ihn heute haben: mit einer untauglichen Elite.»
Verlorene Lokalwahlen und mehrere Misstrauensvoten
Wie sich das anfühlt, wenn «man nicht mehr einfach nur ANC wählt», das haben Jacob Zuma und seine Partei bei den Lokalwahlen vor einem Jahr erfahren. Damals verloren sie die Regierungsmehrheit in mehreren wichtigen Zentren an die Opposition, etwa in der Metropole Johannesburg. Diese Opposition will nun heute den Präsidenten selbst stürzen sehen bei der Vertrauensabstimmung im Parlament.
Es ist nicht die erste in Zumas Amtszeit. Bislang hat er sie alle überlebt. Doch heute dürfte er nervöser sein als auch schon. Der ANC ist zerstritten – in der Partei stehen längst nicht mehr alle hinter ihrem Präsidenten. Dieses Mal wird zudem geheim abgestimmt. Die Parteispitze hat die eigenen Parlamentarier präventiv schon mal gewarnt. Gegen Jacob Zuma zu stimmen, käme dem «Abwurf einer Atombombe gleich». Nicht alle ANC-Parlamentarier werden sich davon beeindrucken lassen, sondern tatsächlich gegen Zuma stimmen.
Für viele andere aber gehe es heute nicht nur um den Präsidenten, sondern auch um das eigene Wohl, sagt Niq Mhlongo: «Sie haben ihren Job Zuma und der Partei zu verdanken. Und auch wenn sie vielleicht wissen, dass das falsch ist, werden sie für Zuma stimmen, um ihre eigene Haut zu retten.» Schriftsteller Niq Mhlongo nennt es eine Entscheid zwischen Moral und der eigenen Karriere.