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Mit Panzern und Propaganda Wer hält im Ukraine-Krieg länger durch?

Seit 14 Monaten führt Russland Krieg gegen die Ukraine. Die Verluste sind enorm, beide Seiten sind angeschlagen. Der Krieg wird immer mehr zu einem Abnutzungskampf.

Russland hat offenbar den Widerstandsgeist der Ukrainer und die Geschlossenheit des Westens unterschätzt. Die russische Armee kommt nur langsam voran. Doch Putin macht weiter. Seine Streitkräfte passen die Taktik immer wieder an. Die schlechte Ausrüstung gleichen sie damit aus, dass sie neue Kräfte an die Front werfen.

Wie lange kann Putin noch weitermachen?

Die Vorbereitungen für eine ukrainische Gegenoffensive laufen auf Hochtouren. Der Westen liefert der Ukraine weitere Waffen. Auch wenn der Ukraine überraschende Erfolge gelingen könnten, Militärexperte Markus Reisner stellt sich auf einen längeren Krieg ein.

Reisner ist Oberst des österreichischen Bundesheeres. «Der Krieg wird so lange dauern, bis eine der beiden Seiten entweder erschöpft ist oder kapituliert. Und das ist momentan nicht abzusehen», so der Experte.

Schon nach dem erfolgreichen Abwehrkampf der Ukraine zu Kriegsbeginn war für ihn klar: Die Russen sind gescheitert, aber sie werden nicht nachgeben. Russland habe ein Durchhaltevermögen, das man nicht unterschätzen dürfe, und mehr Ressourcen und Menschen, so Reisner.

Militärökonom Marcus Keupp hingegen glaubt nicht daran, dass Russland noch weitere Reserven mobilisieren kann. Bis zum Sommer werde Russland alle seine Ressourcen verbrauchen. Keupp rechnet am Beispiel der Panzer vor: Russland hatte zu Kriegsbeginn 2900 Panzer. Die Hälfte davon hat es bereits verloren. Pro Tag verliert Russland fünf Panzer. Deshalb sagt er: Der Krieg endet diesen Oktober.

Die ukrainische Armee hingegen habe einen klaren Vorteil: die technologische Überlegenheit. Die Verluste könne sie durch moderne Waffen ersetzen – im Gegensatz zu Russland. «Ich frage mich, was kommt als Nächstes? Panzer T-34? Und dann Pferde?», so Keupp.

Einfluss der Waffen aus dem Westen

Bis jetzt konnten sich die ukrainischen Streitkräfte erfolgreich wehren. Nicht zuletzt dank Aufklärungsdaten und Waffen aus dem Westen. Doch diese seien zu wenig, damit die Ukraine die von Russland eroberten Gebiete zurückgewinnt, so Militärexperte Reisner. Der Ukraine fehle es an schweren Waffen, Artilleriemunition und an Systemen für die Luftverteidigung.

Die Strategie des Westens ist laut Reisner, die Ukraine so weit mit Kriegsmaterial zu versorgen, damit sie sich verteidigen kann und den Krieg nicht verliert. Man hoffe, dass Russland selbst einsieht, dass es keinen Sinn mehr macht, Krieg zu führen. Im Militärjargon nenne man die Strategie «boiling the frog»: Man kocht den Frosch in der Absicht, die Temperatur langsam zu erhöhen, sodass er es nicht mitbekommt und stirbt. Das führe jedoch dazu, dass der Krieg sich in die Länge ziehe.

Noch lässt sich Putin nicht von seinem Zerstörungskurs abbringen – weder durch die modernen Waffensysteme der Ukraine noch die westlichen Sanktionen. Und er hofft, dass die Unterstützung der Ukraine durch den Westen nachlässt.

SRF Rundschau, 26.04.2023, 20:05 Uhr

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