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Mit russischer Expertise? «Kalter Krieg 2.0»: Nordkorea schickt Spionagesatelliten ins All

Das Regime in Pjöngjang hat nach eigenen Angaben einen Spionagesatelliten erfolgreich ins All gebracht, womöglich mit Hilfe aus Russland. Die «Allianz der Geächteten» birgt Risiken für die Region – und weit darüber hinaus.

An die Meldungen, wonach Nordkorea mit Atomsprengköpfen bestückbare Raketen ins Japanische Meer feuert, hat man sich inzwischen gewöhnt. Nun weitet das Regime seine militärischen Ambitionen offenbar ins All aus.

Die Führung in Pjöngjang gab am Mittwoch bekannt, dass der Start einer Rakete mit einem Aufklärungssatelliten am Vortag geglückt sei. Man werde binnen kurzer Zeit weitere Satelliten ins All bringen, hiess es.

USA verurteilen «provokative Handlungen»

Laut Nordkoreas staatlicher Nachrichtenagentur KCNA wurde der Satellit «Malligyong-1» mit der neuen Rakete «Chŏllima-1» ins Weltall gebracht.

Das Bild der Regierung in Pjöngjang soll Kim Jong-un zeigen, wie er den Start der Rakete beobachtet.
Legende: Nordkorea war in diesem Jahr zweimal mit dem Versuch gescheitert, einen militärischen Aufklärungssatelliten in die Erdumlaufbahn zu bringen. Das Bild der Regierung in Pjöngjang soll Kim Jong-un zeigen, wie er den Start der Rakete beobachtet. Keystone/AP/KCNA via KNS

Die US-Regierung verurteilte den diesmal nach nordkoreanischen Angaben erfolgreichen Start «aufs Schärfste». «Bei diesem Weltraumstart wurden Technologien eingesetzt, die in direktem Zusammenhang mit dem nordkoreanischen Programm für ballistische Interkontinentalraketen stehen», so das Weisse Haus. Nordkorea müsse seine «provokativen Handlungen» sofort einstellen.

UNO-Resolutionen verbieten Raketenprogramm

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Die Technologie von Weltraumraketen und militärischen Langstreckenraketen unterscheidet sich laut Experten kaum. UNO-Resolutionen verbieten Nordkorea den Start von ballistischen Raketen jeglicher Reichweite. Solche Raketen können je nach Bauart auch mit einem Atomsprengkopf bestückt werden.

Martin Fritz, freier Journalist in Japan, verfolgt Nordkoreas Säbelrasseln seit vielen Jahren. Für ihn ist klar: Sollte Nordkorea tatsächlich einen Spionagesatelliten mit moderner Technik ins All gebracht haben, wäre das ein grosser Erfolg für Diktator Kim Jong-un.

Bericht über den abgefeuerten Spionagesatelliten im südkoreanischen Fernsehen
Legende: Schon vor drei Jahren gab Kim Jong-un das Ziel aus, die militärische Aufklärung Nordkoreas mit einem Satellitenprogramm zu verbessern: Diese dienen dazu, mögliche Angriffsziele genauer zu lokalisieren. Bild: TV-Bericht über den Raketenstart in Südkorea. Keystone/AP/Lee Jin-Mann

Fritz schliesst: «Nordkoreas Drohung, taktische und strategische Atomwaffen einzusetzen, wird nun glaubwürdiger». Und das auch gegenüber den USA.

Rückendeckung aus China und Russland

Vom UN-Sicherheitsrat droht Nordkorea vorderhand kein Ungemach. Denn dort haben seine Verbündeten China und Russland ein Vetorecht. Und gerade auch Moskau ist zuletzt näher an Pjöngjang herangerückt. Bei diplomatischer Rückendeckung aus Russland bleibt es aber offenbar nicht.

So gehen Analysten davon aus, dass Nordkorea bei seinem Satellitenprogramm technologische Hilfe aus Russland erhalten hat. Demnach könnten russische Experten dabei geholfen haben, Probleme bei den Triebwerken und der Brennstoffzufuhr bei den nordkoreanischen Raketen zu beheben.

Der russische Präsident Wladimir Putin empfängt Kim Jong-un am 6. September in Russland
Legende: Ausdruck des Schulterschlusses zwischen Nordkorea und Russland war der Besuch von Kim Jong-un bei Wladimir Putin von Anfang September – samt Besichtigung des neuen Weltraumbahnhofs in Sibirien. «Dabei liessen sich Kims Prioritäten schon klar erkennen», schätzt Martin Fritz. Keystone/AP/Wladimir Smirnov

Nordkorea rüstet seit Jahren massiv mit Raketen und Atomwaffen auf. In der Region spreche man inzwischen von einem «Kalten Krieg 2.0», berichtet der Japan-Korrespondent. Dies gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Bande der autoritären Regime in Peking, Pjöngjang und Moskau enger werden.

«Dadurch verhält sich Nordkorea nun entsprechend selbstbewusst und aggressiv. Die Wahrscheinlichkeit für einen Krieg ist damit definitiv gewachsen», so das alarmierende Verdikt von Fritz. Allerdings wisse das Kim-Regime sehr genau, dass ein Krieg in der Region auch sein Ende bedeuten würde.

Nichtsdestotrotz: Eine Eskalation würde durchaus die Gefahr bergen, dass sich auch Russland und China militärisch einschalten könnten – mit unabsehbaren Folgen.

SRF 4 News, 22.11.2023, 9:52 Uhr ; 

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