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Mordfall Olof Palme Mutmasslicher Täter tot – Ermittlungen werden eingestellt

  • Mehr als 34 Jahre nach der Ermordung des schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme: Schwedens Justiz schliesst die Akte.
  • Die Ermittler haben nach eigenen Angaben den mutmasslichen Täter ausgemacht.
  • Weil der Mann mit dem Namen Stig Engström aber bereits vor Jahren gestorben sei, könne keine Anklage gegen ihn erhoben werden. Das gab Staatsanwalt Krister Petersson bekannt.

Engström stellte bereits seit längerem eine heisse Spur in dem Fall dar. In Medienberichten war er stets als «Skandia-Mann» bezeichnet worden. Er soll sich am Mordabend in der Nähe des Tatorts befunden, Zugang zu Schusswaffen gehabt und Palmes Politik gehasst haben. Im Jahr 2000 verübte er Suizid.

Analyse: «Eine grosse Enttäuschung für ganz viele SchwedInnen»

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Einschätzungen von Nordeuropa-Korrespondent Bruno Kaufmann: «Die Beweise gegen Stig Engström hätten wohl für eine Anklage gereicht. Ob sie auch für eine Verurteilung gereicht hätten, bleibt unklar. Die Staatsanwaltschaft legte heute keine neuen technischen Beweise vor, sondern zeigte lediglich auf, wie sie das gesamte Ermittlungsmaterial überprüft hatte. Demnach verhielt sich Engström so, dass er als der einzig plausible Mörder noch infrage kam.

Klar ist: Stig Engström gehörte zu jenen Kreisen Stockholms im bürgerlichen Oberschichts-Lager, die Palme verachteten. Denn Palme, der selbst von bürgerlich-adeligem Geschlecht war, verfolgte eine Politik links der Mitte und trat auch international sehr stark auf.

Engström äusserte sich als Zeuge im Nachhinein auch immer wieder kritisch zu Palme und trat mehrfach in den Medien auf. Laut den Ermittlern deutet alles darauf hin, dass es sich wohl nicht um eine internationale Konspiration handelte – sondern letztlich um einen politischen Mord eines einzelnen Palme-Hassers.

Das formelle Dossier wurde nun geschlossen. Aber weil der Staatsanwalt nicht wirklich stichhaltige technische Beweise vorlegen konnte – weil zum Beispiel die Mordwaffe nicht präsentiert werden konnte – macht das die Türe auf für weitere Spekulationen. Das ist die grosse Enttäuschung für ganz viele Schwedinnen und Schweden, die hofften, dass dieses dunkle Kapital in der jüngeren Geschichte vollständig geschlossen werden kann.»

Der Palme-Mord gilt als einer der grössten Kriminalfälle Europas, die Mordermittlungen zählen zu den umfassendsten und teuersten der Welt. Für Schweden stellen die Tat und die lange mangelnde Aussicht auf wesentliche Antworten in dem Fall ein nationales Trauma dar.

Das geschah am 28. Februar 1986

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Olof Palme wurde am Abend des 28. Februar 1986 um kurz vor Mitternacht auf dem Rückweg aus einem Stockholmer Kino auf offener Strasse von einem Mann von hinten erschossen. Kurz darauf wurde er im Krankenhaus für tot erklärt.

Der Sozialdemokrat war zu dem Zeitpunkt seit knapp dreieinhalb Jahren wieder Ministerpräsident gewesen, nachdem er dieses Amt bereits von 1969 bis 1976 innegehabt hatte. Palmes Frau Lisbet, die mit ihm im Kino gewesen war, erlitt einen Streifschuss und überlebte die Tat leicht verletzt.

Die Ermittlungen zur Tat waren zunächst nur schleppend in Gang gekommen. Die Ermittler hatten im Laufe der Jahre unzählige Spuren und Hinweise verfolgt, die zu einzelnen Tatverdächtigen, aber unter anderem auch zur kurdischen PKK und zum südafrikanischen Geheimdienst geführt hatten.

Ein drogensüchtiger und vorbestrafter Mann wurde Ende 1988 festgenommen und von Lisbet Palme als Täter identifiziert. Er wurde später von einem Gericht für den Mord verurteilt, in einem Berufungsverfahren mangels einwandfreier Beweise aber wieder freigesprochen. 2004 starb er.

Für Abrüstung – kritisch gegenüber den USA

Palme war von 1969 bis 1976 sowie von 1982 bis 1986 Ministerpräsident. Er setzte sich international für Abrüstung und Verständigung ein. Viele würdigen ihn als Architekten des modernen Schwedens mit seinem ausgeprägten Wohlfahrtsstaat.

Andere kritisieren ihn, weil unter seiner Ägide die Steuern erhöht wurden und die Gewerkschaften an Einfluss gewannen. Wieder andere werfen ihm seine kritische Haltung gegenüber den USA und deren Krieg in Vietnam sowie sein Eintreten für Wirtschaftssanktionen gegen das Apartheidregime in Südafrika vor.

Tagesschau, 10.6.2020, 19:30 Uhr ; 

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