Zum Inhalt springen

Header

Zur Übersicht von Play SRF Audio-Übersicht

Mordversuch an Journalisten Sorge um die Medienfreiheit in Italien entfacht

Nach der Explosion vor dem Haus eines Journalisten demonstrieren viele in Italien für die Presse- und Medienfreiheit.

«Solidarität mit Sigfrido Ranucci!» Das forderten am Dienstag Demonstrierende im Herzen Roms. Ranucci leitet seit Jahren ein viel beachtetes Programm des staatlichen Fernsehsenders RAI.

Der Journalist präsentiert dort aufwändige Recherchen. Er ist unbequem, zuweilen gar starrköpfig. Ranucci wurde deswegen in den letzten Jahren immer wieder bedroht. Er lebt seit langem unter Polizeischutz.

Auch andere wurden bedroht

Ranucci ist nicht der einzige italienische Journalist, der ohne Personenschutz keinen Schritt mehr machen kann.

Ein anderer ist Lirio Abbate, der jetzt ebenfalls zur Menge sprach. «Der Anschlag auf Ranucci trifft die Freiheit und die Demokratie Italiens», sagte der Recherchejournalist, der seit Jahren über Italiens Mafia oder grosse Korruptionsskandale berichtet.

Fall Ranucci – Das ist passiert

Box aufklappen Box zuklappen

Auf das Auto von Sigfrido Ranucci ist vergangene Woche ein Sprengstoffanschlag verübt worden. Der Wagen vor seinem Haus brannte dabei völlig aus. Verletzt wurde aber niemand. Auch das Auto seiner Tochter, das daneben geparkt war, wurde zerstört. Während des Attentatsversuchs hielt sich Ranucci in seinem Haus auf.

Im vergangenen Jahr hatte Ranucci nach eigenen Angaben vor seinem Haus bereits zwei Pistolenkugeln gefunden, die dort offensichtlich jemand als Drohung deponiert hatte.

Ist die Demokratie in Gefahr?

Zur Demonstration für die Pressefreiheit hatten linke Parteien aufgerufen, allen voran das Movimento Cinque Stelle von Ex-Premier Giuseppe Conte. Er forderte die Partei von Regierungschefin Giorgia Meloni dazu auf, eine Klage gegen den bedrohten Journalisten Ranucci zurückzuziehen.

Denn Italiens Medienschaffende würden nicht nur mit Sprengstoff bedroht, sondern sie würden auch mit einer regelrechten Flut von Klagen zugeschüchtert, so Conte. Zudem habe die Regierung dem staatlichen Radio und Fernsehen der RAI einen strammen Rechtskurs aufgezwungen.

Regierung versucht es mit Klagen gegen Journalisten

Box aufklappen Box zuklappen

Was die Medienfreiheit in Italien angeht: Giorgia Meloni hat stark in das staatliche Fernsehen der RAI eingegriffen. Viele Journalistinnen und Journalisten, die nicht auf Regierungslinie sind, haben die RAI verlassen oder verlassen müssen. Italienische Medienschaffende kritisieren eine Flut von Klagen, welche die Mitglieder der Regierung oder die Regierungsparteien gegen kritische Medien angestrengt haben. Man kann aber keineswegs pauschal sagen, dass die Medienfreiheit in Italien unter Druck sei.

Elly Schlein, die Chefin der Sozialdemokraten, sprach gar davon, die rechte Regierung Melonis gefährde Italiens Demokratie.

Meloni meidet Journalistenfragen

Diese Aussage Schleins sei eine krasse Übertreibung, sagen viele – und darunter sind nicht nur Anhängerinnen und Anhänger der rechten Regierungsparteien. Auch Demonstrierende auf der Piazza weisen diese pauschale Aussage zurück.

Menschen mit Schildern.
Legende: In mehreren Städten haben in den letzten Tagen seit dem Attentatsversuch auf Sigfrido Ranucci viele Menschen für die Erhaltung der Medienfreiheit in Italien demonstriert – wie hier in Rom. Imago/Vincenzo Nuzzolese

Die Aussage Schleins zurückgewiesen hat zum Beispiel Assunta: «Meloni alle Schuld zuzuschieben, das funktioniert nicht.» Die ältere Lehrerin kritisiert aber etwas anderes: Meloni habe sich gegenüber US-Präsident Donald Trump damit gebrüstet, dass sie gar nicht erst mit Journalistinnen und Journalisten spreche. «Das ist gefährlich», sagt Assunta.

Dass Meloni Fragen von Medienschaffenden systematisch ausweiche, kritisiert auch Francesco, ein junger Student. Doch solches habe es schon vor Meloni gegeben: «In Italien hat man den freien Journalismus schon immer behindert. Und auch linke Regierungen nahmen starken Einfluss auf die RAI und platzierten dort ihre Leute.»

Ein Alarmzeichen

Und wer hat den Sprengstoff vor Ranuccis Haus gezündet? «Das kann man nicht den rechten Parteien anlasten», betont Student Francesco. Wer genau hinter dem Attentatsversuch vor dem Haus des Recherchejournalisten steckt, bleibt weiter unklar. Sicher aber ist: Es ist ein Alarmzeichen.

Polizei noch immer auf Tätersuche

Box aufklappen Box zuklappen

Noch ist unklar, wer hinter dem Attentatsversuch gegen Sigfrido Ranucci steckt. Sicher aber ist: Der Journalist und sein Team haben immer wieder im Umfeld der Mafia recherchiert, unlängst auch im Umfeld krimineller Organisationen im Ausland, zum Beispiel in Albanien. Es ging dabei um die geplanten Lager Melonis für Asylsuchende in Albanien. Deshalb ist anzunehmen, dass die Polizei in dem Fall auch in Richtung Mafia und krimineller Organisationen ermittelt.

Rendez-vous, 22.10.2025, 12:30 Uhr; noes

Meistgelesene Artikel