Über 120 Menschen sind am Dienstag totgetrampelt worden, als bei einem religiösen Anlass des selbsternannten Gurus Narayan Sakar Hari – bekannt als «Bhole Baba» – eine Massenpanik ausbrach. Augenzeugenberichte und erste Untersuchungen liefern nun weitere Erkenntnisse zur Tragödie, bei der überwiegend Frauen und Kinder ums Leben kamen und Dutzende weitere Menschen schwer verletzt wurden.
Demnach brach die Panik aus, als der Guru nach dem Ende der religiösen Veranstaltung, auch Satsang genannt, im Auto wegfuhr. Hunderte Gläubige, vor allem Frauen, liefen hinterher. Sie wollten Erde unter seinen Füssen aufsammeln, um seinen Segen zu erhalten.
Polizeibericht: 250'000 Menschen vor Ort
Als Sicherheitskräfte der Organisatoren die Leute mit Stöcken am Weiterlaufen hindern wollten, erhöhte sich der Druck auf die Nachströmenden. Die ersten rutschten auf dem nach tagelangem Regen matschigen Boden aus. Nachfolgende stolperten über die Gefallenen, und auch am Boden sitzende Menschen wurden von der Masse totgetrampelt.
Bei den Untersuchungen rückt nun auch die Zahl der Teilnehmenden ins Zentrum. Gemäss einem Polizeibericht waren über 250’000 Menschen dem Aufruf ihres Gurus gefolgt. Auf der viel zu kleinen Fläche waren höchstens 80'000 Menschen erwartet worden. Und dies laut Medienberichten bei nur einem Ausgang und fehlenden Fluchtwegen. Den Sicherheitsleuten wird vorgeworfen, die Anweisungen der Behörden missachtet zu haben.
Wer ist Bhole Baba?
Über den Guru, der zur religiösen Veranstaltung aufrief, ist nicht viel bekannt. Offizielle Bilder sind rar und in den Medien kursieren vor allem vom Internet kopierte Abbildungen. Er ist einer von zahlreichen spirituellen Führern in Indien und stammt aus dem Bundesstaat Uttar Pradesh. Geboren ist er offenbar unweit vom Veranstaltungsort Hathras, rund 200 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Neu-Delhi.
Bhole Baba war ehemals Polizist. Er war nach einer Anzeige wegen sexueller Belästigung suspendiert, dann aber rehabilitiert worden. Trotzdem kündigte er und erklärte sich zum Guru.
«Verschwörung»?
Seit der Tragödie ist er untergetaucht. Es wird vermutet, dass er sich in seinen Ashram, sein Gebetszentrum, zurückzog. Über einen Mittelsmann liess er inzwischen ausrichten, «antisoziale Elemente» seien für die Tragödie verantwortlich. Möglicherweise sei es sogar eine «Verschwörung». Eine Anzeige gegen den Guru gibt es bislang nicht.