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Nach Mobbingvorwürfen Britischer Vize-Premier Dominic Raab tritt zurück

  • Der britische Vizepremierminister und Justizminister Dominic Raab ist nach einer unabhängigen Untersuchung von formellen Beschwerden über sein Verhalten zurückgetreten.
  • Damit scheidet nach dem Rücktritt von Minister Gavin Williamson nun das nächste Mitglied der Regierung von Premierminister Rishi Sunak wegen Mobbingvorwürfen aus.

Raab reagierte damit auf die Ergebnisse eines Untersuchungsberichts zu seinem Verhalten als Minister. Premierminister Rishi Sunak hatte die Untersuchung angeordnet, nachdem Vorwürfe früherer Mitarbeiter Raabs bekannt geworden waren.

Salär darf nicht zum Schmerzensgeld werden

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Raab.
Legende: Keystone/Matt Dunham

Ob Dominic Raab freiwillig gesprungen ist, bevor er gestossen wurde, bleibt offen. Doch wahrscheinlich hatte er keine Wahl. Denn selbst wenn Raab im heute publizierten Untersuchungsbericht nicht des Mobbings überführt wurde: Gut behandelt hat der stellvertretende Premierminister seine engsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht. Aggressiv, ungeduldig und einschüchternd sei er gewesen, ist da zu lesen.

Konservative Politiker argumentieren nun, der Maschinenraum der Regierung sei halt keine Wohlfühlzone. Der Rücktritt hat deshalb die Diskussion entfacht, wo die Grenze zum Mobbing liegt und wie dick die Haut von Ministerialbeamtinnen und Beamten sein muss.

Der Job einer Ministerin oder eines Ministers ist unbestritten extrem fordernd. In dieser sportlichen Liga der Verwaltung darf von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durchaus erwartet werden, einstecken zu können. Der Sitzungstisch eines Ministers ist tatsächlich keine Wohlfühlzone. Das Salär seiner Mitarbeiter darf jedoch trotzdem nicht zum Schmerzensgeld werden. (Patrik Wülser, London)

In einem am Freitag per Twitter veröffentlichten Rücktrittsschreiben betonte Raab, er akzeptiere das Ergebnis des Berichts, weise die Mobbingvorwürfe aber weiterhin zurück. Der Bericht war am Donnerstag an Sunak überreicht worden. Dessen Inhalt war zunächst aber nicht öffentlich bekannt geworden.

Von mehreren Vorwürfen seien nur zwei als berechtigt anerkannt worden, schrieb Raab. Der Gutachter habe jedoch festgestellt, «dass ich nicht ein einziges Mal innerhalb von viereinhalb Jahren irgendjemand beleidigt oder angeschrien habe, noch mit Gegenständen geworfen oder anderweitig körperlich eingeschüchtert oder absichtlich jemanden gedemütigt habe», schrieb Raab.

Welche Vorwürfe bestätigt wurden, teilte Raab nicht mit. Er halte die Entscheidung aber für fehlerhaft. Mobbing so niedrigschwellig zu definieren, schaffe zudem einen gefährlichen Präzedenzfall. Er entschuldige sich dennoch für «jeglichen unbeabsichtigten Stress oder Anstoss, die ich durch Tempo, Standards oder Herausforderungen in das Justizministerium gebracht habe», so der Ex-Minister.

SRF 4 News, 21.04.2023, 12:00 Uhr ; 

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