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Nach schwerem Erdbeben «Unser Team wäre für den Einsatz in Marokko bereit»

Rettungsteams versuchen in Marokko nach dem schweren Erdbeben vom Freitag immer noch, Überlebende zu bergen. Die Regierung hat mittlerweile Hilfe in das Katastrophengebiet entsandt. Auch das Schweizerische Korps für humanitäre Hilfe wäre einsatzbereit, wie Silvio Flückiger, stellvertretender Leiter der humanitären Hilfe des Bundes, im Gespräch erklärt.

Silvio Flückiger

Stv. Leiter der humanitären Hilfe im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA

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Silvio Flückiger ist stellvertretender Leiter der humanitären Hilfe des Bundes in Bern. Die Abteilung setzt sich vor, während und nach Konflikten, Krisen und Naturkatastrophen für die Interessen von schutzbedürftigen Menschen ein. Dabei konzentriert sie sich auf Wiederaufbau und Rehabilitation, Katastrophenvorsorge, Schutz von verletzlichen Personen und Nothilfe.

SRF: Hat die Schweiz den marokkanischen Behörden Hilfe angeboten?

Silvio Flückiger: Wir haben am Samstagmittag den marokkanischen Behörden ein internationales Angebot gemacht, mit dem möglichen Einsatz von Mitgliedern des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe. Dieses Angebot steht weiterhin. Wir haben bisher von den marokkanischen Behörden weder eine negative noch eine positive Rückmeldung erhalten.

Erdbeben im Atlasgebirge

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Das Erdbeben in Marokko ereignete sich am Freitag um 23:11 Uhr Ortszeit. Nach Angaben der US-Erdbebenwarte hatte es eine Stärke von 6.8, das Helmholtz-Zentrum Potsdam mass eine Stärke von 6.9. Das Epizentrum lag gut 70 Kilometer südwestlich von Marrakesch im Atlasgebirge. Kurz danach kam es zu einem Nachbeben der Stärke 4.9.

Mindestens 2900 Menschen sind nach vorläufigen Zahlen (Stand 12.09.2023) ums Leben gekommen, wie das Innenministerium Marokkos mitteilte. Über 5500 Personen seien verletzt worden.

Marokko hat laut Agenturberichten bisher Hilfsangebote aus Grossbritannien, Spanien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten akzeptiert.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Einsatz des Korps zustande kommt?

Das Wichtigste ist, dass wir eine Bestätigung des betroffenen Landes haben. Es ist absolut zentral, dass das Land, das betroffen ist, die internationale Unterstützung anfragt.

Wir haben ein achtköpfiges Team, das bereit wäre.

Gleichzeitig müssen wir auf unserer Seite Hausaufgaben machen: Wir müssen natürlich Personal und Material bereithaben, um dann tatsächlich unterstützen zu können. Diese Hausaufgaben haben wir unsererseits gemacht. Wir haben ein achtköpfiges Team, das bereit wäre. Jetzt warten wir auf die Antwort der Behörden.

Wie ist das Korps aufgebaut?

Das ist eine typisch schweizerische Lösung, ein Milizkorps, bestehend aus Mitgliedern des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe. Das sind Leute, die eigentlich tagtäglich in irgendeiner Form ihrer Arbeit nachgehen, aber sich zur Verfügung gestellt haben, im Krisenfall für die Schweiz in den Einsatz zu gehen. Wir haben eine eigene Personalabteilung, die dann diese Mitglieder kontaktiert und schaut, wer zur Verfügung steht. Innerhalb von wenigen Stunden finden wir immer eine kritische Masse an Expertinnen und Experten, die dann bereit sind, in den Einsatz zu gehen.

Wie ist die Stimmung bei den möglichen Helferinnen und Helfern, die nun noch nicht ausrücken können?

Wir hatten gestern diese acht Personen hier in Bern und haben sie ausgerüstet, mobilisiert. Sie sind einsatzbereit. Also die Einsatzbereitschaft ist gegeben und sie wären bereit, so rasch wie möglich in den Einsatz zu gehen. Sie waren sich aber auch bewusst, dass gegenwärtig die Bestätigung seitens der marokkanischen Behörden noch nicht gegeben ist. Das ist ein bisschen Teil des Business bei uns. Es sind verschiedene Faktoren, die manchmal nicht ganz klar sind, wenn wir mobilisieren.

Was kann das Korps vor Ort im Katastrophengebiet alles leisten?

Gegenwärtig steht gemäss den Informationen, die uns vorliegen, die Such- und Rettungsaktion im Vordergrund – also das Bergen von verschütteten Personen. Gleichzeitig wissen wir, dass es viele Personen gibt, die tatsächlich überlebt haben, die aber keine Unterkunft mehr haben.

Wir könnten mit Notunterkünften und Wasserverteilung Unterstützung leisten.

Der Fokus unserer Unterstützung liegt insbesondere bei den Überlebenden, wo die Bilder auch zeigen, dass sie zum Teil draussen übernachten müssen. Da könnten wir mit Notunterkünften, mit Wasserverteilung Unterstützung leisten.

Das Gespräch führte Nicolà Bär.

Ein QR-Code zum Spenden.
Legende: Die Glückskette sammelt für die Opfer in Marokko.

Echo der Zeit, 10.9.2023, 18:00 Uhr ; 

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