- Nach über einem Jahr Pause sind zwischen der spanischen und der katalanischen Führung erstmals wieder Gespräche auf höchster Ebene aufgenommen worden.
- Regierungschef Pedro Sánchez spricht mit Regionalchef Quim Torra über die Unabhängigkeitsbestrebungen der Region.
Bei dem Treffen – dem ersten seit Ende 2018 – sollte es um politische Lösungen für den Konflikt gehen. Berichten zufolge will Sánchez den Katalanen unter anderem ein regelmässiges Dialogforum, mehr Kooperation zwischen Region und Zentralstaat sowie ein autonomes Finanzsystem anbieten.
Katalonien-Spanien: Die ewige Beziehungskrise
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Bild 1 von 17. 2006: Neues Autonomiestatut. Das spanische Parlament stimmt am 10. Mai einer Reform des Autonomiestatuts für Katalonien zu. Das Statut wird anschliessend am 18. Juni mit 73.9 Prozent Ja-Stimmen in Katalonien befürwortet. Damit wird das Autonomiestatut von 1978 erweitert. Es tritt am 9. August in Kraft – abgesegnet durch das spanische Parlament und das katalanische Stimmvolk. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 17. 2006: Der Gang ans Gericht. Gegen das neue Autonomiestatut legt die konservative Volkspartei (PP) unter Generalsekretär Mariano Rajoy am 31. Juli beim Verfassungsgericht Rekurs ein. Die Volkspartei stört sich am Begriff «Nation» für Katalonien in der Präambel, aber auch an neuen Zuständigkeiten in Finanzfragen. Die Volkspartei ist grundsätzlich gegen mehr Föderalismus. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 17. 2010: Autonomiestatut gebodigt. Das Verfassungsgericht erklärt 14 Artikel des Autonomiestatuts für ganz oder teilweise verfassungswidrig. Das Urteil gilt als Startschuss für die Unabhängigkeitsbewegung: In Barcelona protestieren am 10. Juli eine Million Menschen. Ihre Kritik: Was demokratisch ausgehandelt und legitimiert sei, könne nicht durch die Justiz umgestossen werden. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 17. 2012: Kein «pacto fiscal». Kataloniens Präsident Artur Mas fordert einen Steuerpakt. Katalonien sei nach der Finanzkrise über Gebühr belastet worden, es sei Zeit, dass Katalonien volle Steuerhoheit bekomme, analog dem Baskenland. Rajoys Antwort: Nein, eine volle Steuerhoheit sei verfassungswidrig. Die separatistische Bürgerbewegung «Assemblea Nacional Catalana» gründet sich. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 17. 2014: Illegale Volksbefragung 9-N. Am 9. November führt die katalanische Regierung – trotz verfassungsgerichtlichem Verbot – ein nicht bindendes Unabhängigkeitsreferendum (9-N) durch, nachdem weder ein legales Referendum noch ein Steuerpakt möglich waren. 2 von 6 Mio. Stimmberechtigten nehmen teil. Regionalpräsident Artur Mas wird für 9-N gebüsst und mit einem Ämterverbot belegt. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 17. 2015: Sieg der Separatisten-Parteien . Die Katalonien-Wahlen gelten praktisch allen Parteien als Plebiszit über die Unabhängigkeit. Die bürgerlichen und linken Unabhängigkeitsbefürworter verfehlen mit 48 Prozent zwar das Volksmehr, erreichen im Parlament aber das absolute Mehr. Für sie legitimiert das den Startschuss zum «procés»: dem Prozess mit Fahrplan bis hin zur Unabhängigkeit. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 17. 1. Oktober 2017: Illegales Referendum. Trotz Verbot durch das Verfassungsgericht führt Kataloniens Regierung – inzwischen mit Carles Puigdemont an der Spitze – am 1. Oktober ein Referendum durch. Das Gesetz dazu passierte das katalanische Parlament am 6. September ohne die dafür nötige Zweidrittel-Mehrheit. Heftige Polizeigewalt überschattet den illegalen Urnengang. Bildquelle: Reuters.
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Bild 8 von 17. 3. Oktober 2017: Generalstreik und der König redet. Ein Generalstreik legt am 3. Oktober Katalonien lahm, Hunderttausende protestieren in Barcelona gegen Polizeigewalt und/oder für die Unabhängigkeit. König Felipe VI. meldet sich erstmals zum Thema zu Wort, tadelt die Unabhängigkeitsbewegung und sagt nichts zur Polizeigewalt – womit er in Katalonien weiter an Zustimmung verliert. Bildquelle: Reuters.
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Bild 9 von 17. 27. Oktober 2017: Unabhängigkeitserklärung und Zwangsverwaltung . Am 27. Oktober erklärt das katalanische Parlament einseitig die Unabhängigkeit, ohne sie aber juristisch umzusetzen. Madrid stellt Katalonien unter Zentralverwaltung, die Staatsanwaltschaft klagt die katalanische Regierung wegen Rebellion und Aufruhr an. Puigdemont und weitere Minister flüchten nach Belgien, Schottland und in die Schweiz. Bildquelle: Reuters.
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Bild 10 von 17. November bis Dezember 2017: Anklage und Neuwahlen. Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy ordnet für den 21. Dezember Neuwahlen für Katalonien an. Zwar wird die rechtsliberale, zentralistische Partei Ciudadanos stärkste Partei, doch zusammen erringen die linken und bürgerlichen Unabhängigkeitsparteien die absolute Mehrheit. Ministerpräsident Rajoys Rechnung nach Klärung der Lage geht nicht auf. Bildquelle: Reuters.
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Bild 11 von 17. März bis April 2018: Verhaftung Puigdemonts . Der abgesetzte katalanische Präsident Puigdemont reist quer durch Europa und hofft auf Unterstützung für seine Sache. Dabei wird er in Deutschland aufgrund eines von Spanien ausgestellten europäischen Haftbefehls festgenommen... Bildquelle: Reuters.
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Bild 12 von 17. ...Das Gericht entscheidet Anfang April, dass Puigdemont wegen Veruntreuung, aber nicht wegen Rebellion belangt werden könne und liefert ihn nicht aus. Andere katalanische Minister sind inzwischen in Spanien in U-Haft. Bildquelle: Keystone.
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Bild 13 von 17. 21. Dezember 2018: Politischer Dialog scheitert. Sozialist Pedro Sánchez (l.), Spaniens neuer Ministerpräsident, trifft in Barcelona den ebenfalls neuen katalanischen Präsidenten Quim Torra (r.). Sie vereinbaren einen «effektiven Dialog». Doch als die Katalanen im Februar 2019 ihre Zustimmung zum Budget verweigern, muss Sánchez Neuwahlen ausrufen. Der Dialog ist zu Ende, bevor er angefangen hat. Bildquelle: Reuters.
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Bild 14 von 17. Februar 2019: Katalanen-Prozess am Obersten Gericht. Am 12. Februar beginnt am «Tribunal Supremo» der viermonatige Mega-Prozess gegen 12 katalanische Ex-Minister sowie die Chefs zweier Unabhängigkeitsorganisationen. Hunderte von Zeugen sind vorgeladen. Es drohen hohe Haftstrafen, vor allem beim Tatbestand «Rebellion» – wofür in Spanien allerdings Gewalt als Bedingung angesehen wird. Bildquelle: Reuters.
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Bild 15 von 17. Oktober 2019: Urteile und Barcelona brennt. Die Angeklagten werden zu Strafen von 9 bis 13 Jahren Haft verurteilt – wegen Aufruhr und Ungehorsam, nicht wegen Rebellion. Die Höchststrafe erhält Ex-Vizepräsident Oriol Junqueras. Die Urteile gelten selbst bei Gegnern der Unabhängigkeit als hart. Es kommt zu tagelangen Protesten in Barcelona und harten Auseinandersetzungen mit der Polizei. Bildquelle: Reuters.
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Bild 16 von 17. November 2019: Pedro Sánchez nach Neuwahlen bestätigt. Neuwahlen in Spanien bestätigen Pedro Sánchez als Ministerpräsidenten. Er bildet mit der linken Podemos eine Koalitionsregierung – nur möglich dank Enthaltung der katalanischen Linken. Deren Preis: Dialog mit Fahrplan und dem Prinzip, über alles reden zu können, auch über ein Referendum. Die Beziehung Spanien-Katalonien bleibt in der Krise. Bildquelle: Reuters.
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Bild 17 von 17. 6. Februar 2020: Dialog wird wieder aufgenommen. Nach über einem Jahr Pause haben Madrid und Barcelona wieder Gespräche auf höchster Ebene aufgenommen. Berichten zufolge bietet Ministerpräsident Pedro Sánchez (l.) Katalonien mit Regierungschef Quim Torra (r.) unter anderem ein regelmässiges Dialogforum, mehr Kooperation zwischen Region und Zentralstaat sowie ein autonomes Finanzsystem an. Bildquelle: Keystone.
Sánchez hatte im Januar der grössten katalanischen Partei ERC (Republikanische Linke Kataloniens) zugesagt, innerhalb kurzer Zeit einen Dialog mit der abtrünnigen Region anzustossen. Als Gegenleistung hatte die Partei sich bei der entscheidenden Parlamentsabstimmung über Sánchez' Wahl enthalten und ihm so am 7. Januar ins Amt verholfen.
Mittlerweile ist es aber zu einem Bruch zwischen Quim Torras Partei JuntsxCat und der ERC gekommen. Torra kündigte Ende Januar eine Neuwahl an. Sánchez hatte zunächst gezögert, noch vor der Abstimmung einen Dialog mit den Separatisten zu beginnen – dann aber doch eingelenkt.
Konkrete Fortschritte nicht zu erwarten
Baldige konkrete Fortschritte seien aber nicht zu erwarten, schrieben spanische Medien. «Sánchez und Torra wissen, dass das Gespräch abgesehen von einer Absichtserklärung nutzlos sein wird und nur dazu dient, die Form zu wahren – was aber angesichts des politischen Panoramas gar nicht wenig ist», meinte die Zeitung «Las Provincias».
Knackpunkt dürften die inhaftierten Separatistenführer sein, die im Zuge des verbotenen Unabhängigkeitsreferendums vom Oktober 2017 zu teils langen Gefängnisstrafen verurteilt wurden. Torra und seine Mitstreiter fordern deren Begnadigung sowie mehr Selbstbestimmung. Madrid lehnt dies strikt ab.