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Angespannte Lage in Pakistan
Aus HeuteMorgen vom 12.05.2023. Bild: Reuters
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Nach Verhaftung von Ex-Premier Pakistan ist an der Schwelle zum Bürgerkrieg

Im südasiatischen Land spitzt sich die Lage gefährlich zu, schätzt ein Experte ein. Es gebe womöglich nur eine Lösung.

Die Situation in Pakistan sei sehr schwierig, findet Ashok Swain, Professor für Friedens- und Konfliktforschung an der Universität Uppsala in Schweden und UNO-Berater. Dass politische Führer verhaftet würden, sei nichts Neues in Pakistan, so Swain. Das sei schon mindestens fünf Premierministern vor Imran Khan passiert. Aber diesmal sei die Ausgangslage anders als früher – aus zwei Gründen.

Erstens, wenn früher ein Premierminister abgesetzt oder verhaftet worden sei, dann sei dieser nicht mehr beliebt gewesen. Anders bei dem früheren Cricket-Star Imran Khan. Er sei bei sehr vielen Leuten in Pakistan immer noch sehr populär, obwohl er Fehler gemacht habe und ihm Korruption vorgeworfen werde. Populär sei er auch deshalb, weil seine politischen Gegner schwach seien.

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Das Oberste Gericht in Pakistan hat nach Angaben der Anwälte von Ex-Premier Imran Khan seine Freilassung angeordnet. Das Gericht habe die Verhaftung Khans für illegal erklärt, sagte der Anwalt Babar Awan am Donnerstag zu lokalen Fernsehsendern.

Der populäre Oppositionsführer war am Dienstag aus einem Gericht in der pakistanischen Hauptstadt abgeführt worden. Am Mittwoch wurde er wegen des mutmasslichen Diebstahls von Staatsgeschenken angeklagt.

Khans Verhaftung führte zu Ausschreitungen in mehreren Städten des Landes. Tausende seiner Anhänger demonstrierten für seine Freilassung und lieferten sich gewaltsame Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften. Laut Innenminister Rana Sanaullah kamen allein am Mittwoch acht Menschen ums Leben, mindestens 300 wurden verletzt. Die Regierung bat daraufhin das Militär um Unterstützung. Schulen und Universitäten sind bis Montag geschlossen. Zudem wurde das mobile Internet auf unbestimmte Zeit abgeschaltet sowie der Zugang zu Twitter, Facebook und Youtube blockiert.

Im April 2022 war Khan durch ein Misstrauensvotum als Premierminister nach fast vier Jahren im Amt abgesetzt worden. Seitdem brachte die Justiz immer neue Vorwürfe gegen ihn vor. Er muss sich in rund 100 Fällen vor Gericht verantworten. Bei den Vorwürfen geht es um Korruption, Geldwäsche und Beleidigung einer Richterin. Beobachter sehen das Vorgehen gegen Khan als politisch motiviert an.

Was ebenfalls anders sei, als früher: Das Militär, das die wahre Macht in Pakistan darstelle, habe nicht mehr die gleiche Legitimität wie früher. Was sich auch daran zeige, dass sich der Protest dieses Mal vor allem gegen das Militär richte.  Und weil nicht nur die Politik in der Krise sei, sondern auch die Wirtschaft und gleichzeitig die Sicherheit nicht gewährleistet sei, sei die Lage dieses Mal ernster als früher.

Neuwahlen als Ausweg

Konfliktforscher Swain sieht Pakistan an der Schwelle zum Bürgerkrieg, wenn nicht schnell eine politische Lösung gefunden werde. Eine politische Lösung könnte zum Beispiel vorgezogene Neuwahlen sein. Imran Khan fordert diese schon länger. Die vom Militär gestützte Regierung um Premierminister Shehbaz Sharif hat sich bisher aber aus Angst vor einer Abwahl dagegen gewehrt.

Eine unabhängige, freie Wahl könnte die Lage für eine Weile stabilisieren, meint Ashok Swain. Wenn das Militär und die Regierung sich nicht darauf einliessen, sei eine erneute Militärdiktatur wahrscheinlich.

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Pakistan: Anhaltende Proteste nach Verhaftung von Imran Khan
Aus Tagesschau vom 10.05.2023.
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Seit der Unabhängigkeit Pakistans 1947 ist das schon drei Mal passiert. Was dieses Mal allerdings dagegen spricht, ist, dass das Militär an der Macht ist statt einer gewählten Regierung, sagt Swain. Der Internationale Währungsfonds werde sich deshalb vermutlich weigern, das dringend benötigte Milliardenhilfspaket freizugeben, um das sich Pakistan schon seit langem bemüht.

Denn Pakistan ist nicht nur an der Schwelle zum Bürgerkrieg, sondern auch am Rand einer Staatspleite. Neben Neuwahl und Militärdiktatur bliebe noch eine dritte Option, sagt der Konfliktforscher. Eine Machtübernahme durch radikale Islamisten, wie im Nachbarland Afghanistan, sei immer eine Gefahr in Pakistan, sagt Swain. Die beste Lösung wäre seiner Meinung nach daher eine vorgezogene Neuwahl.

Die Lage sei gerade extrem gefährlich, warnt Swain. Pakistan sei umzingelt von Ländern wie Afghanistan, Iran, Indien und China und darum strategisch extrem wichtig. Zudem habe das Land mehr Atomwaffen als Indien und es gebe starke islamistische Kräfte sowohl im Land selbst als auch im Nachbarland Afghanistan. Und darum dürfe es auch der Welt nicht egal sein, was in Pakistan passiert.

SRF 4 News, 11.05.2023, 18.00 Uhr

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