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Nato-Gipfel in Brüssel Trump war nicht versöhnlich, sondern spaltend

Am Nato-Gipfel haben praktisch alle ein klares Bekenntnis des US-Präsidenten zur Militärallianz erwartet. Herausgekommen ist das Gegenteil. Eine Analyse von SRF-Korrespondent Fredy Gsteiger.

Aus der Luft symbolisiert das neue Nato-Hauptquartier in Brüssel zwei Hände, deren Finger vertrauensvoll ineinandergreifen. Gemeint ist damit die Partnerschaft zwischen Nordamerika und Europa. Bloss mit dem Vertrauen ist es seit US-Präsident Donald Trumps Amtsantritt nicht weit her.

Kein Bekenntnis zum Kernauftrag

Mit seinem schulmeisterlichen Auftritt am Nato-Gipfel hat Trump die Bündnispartner vor den Kopf gestossen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg versuchte spätabends vergeblich, die Wogen zu glätten.

Er erklärte, der US-Präsident habe sich entschieden zur Bündnispflicht bekannt und damit zum Kernauftrag der Nato, wonach ein Mitgliedsland, das angegriffen wird, von allen andern ohne Wenn und Aber verteidigt wird.

Genau das hatte Trump aber eben nicht gesagt. Was in Moskau zweifellos mit Interesse und Genugtuung registriert wird.

Fredy Gsteiger

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Portrait von Fredy Gsteiger

Der diplomatische Korrespondent ist stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St.Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» und Chefredaktor der «Weltwoche».

Zugeständnisse waren umsonst

Trumps Worte waren nicht versöhnlich, sondern spaltend. Er beharrte darauf, dass die meisten Mitgliedsländer zu wenig in ihre Verteidigung investierten, und das zulasten der US-Steuerzahler. Zudem stellte der US-Präsident zumindest zum Teil haltlose Forderungen.

Seine Amtskollegen und -kolleginnen wirkten betreten. Sie waren davon ausgegangen, Trump weit entgegengekommen zu sein – nicht nur in der Finanzfrage, sondern auch mit der stärkeren Fokussierung des Bündnisses auf den Kampf gegen Terrorismus und dem Beitritt zur Koalition gegen die Terrormiliz IS.

Merkel sieht keinen Handlungsbedarf

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel machte klar, man lasse sich nicht einfach an der Höhe des Verteidigungsetats messen. Entscheidend sei, dass nicht nur zähle, was man zahle, sondern auch wofür man die Mittel ausgebe, und wie sehr man sich an Nato-Engagements beteilige. Deutschland müsse sich da nicht schämen.

Als Ergebnis des Nato-Gipfels bleibt die Erkenntnis, dass sich Trump um Gepflogenheiten foutiert, dass er unberechenbar bleibt und die Einigkeit der Nato zurzeit brüchig ist. Das sind keine guten Voraussetzungen für den nächsten grossen Gipfel, den der G7, der heute beginnt.

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