Nach langem Unterbruch sprechen Israel und die Palästinenser seit Juli wieder miteinander. Kaum zeichnen sich zaghafte Fortschritte bei den Friedensverhandlungen ab, passiert dies: Die Bürgerrechtsgruppe «Frieden Jetzt» lässt verlauten, Israels Bauministerium habe den Bau von 20‘000 Wohnungen in den besetzten Gebieten öffentlich ausgeschrieben.
Die Palästinenser drohen umgehend damit, die Friedensgespräche abzubrechen: Chefunterhändler Saeb Erekat sagt, sollte Israel die Baupläne im Westjordanland vorantreiben, trage es die volle Verantwortung dafür, dass der Friedensprozess zerschlagen und die Gespräche gestoppt würden.
Netanjahu will nichts gewusst haben
Jetzt hat Ministerpräsident Benjamin Netanjahu das Bauvorhaben vorerst auf Eis gelegt. Er kündigte an, die Pläne würden überprüft. Zugleich warf er dem ultrarechten Bauminister Uri Ariel vor, er habe sie ohne sein Wissen veröffentlicht. Diese Ankündigung schaffe «unnötige Konflikte mit der internationalen Gemeinschaft».
Der Bauminister habe der Überprüfung zugestimmt, hiess es weiter. Bei allen veröffentlichten Plänen handele es sich nur um potenzielle Baupläne und nicht um Projekte in echten Planungsphasen.
Auch die USA wussten von nichts
Nicht nur Netanjahu, sondern auch die USA waren über die Pläne des israelischen Bauministeriums nicht im Bilde gewesen, wie das US-Aussenministerium mitteilte. Aussenminister John Kerry hatte erst in der vergangenen Woche während einer dreitägigen Vermittlungsmission in Nahost den israelischen Siedlungsausbau ungewöhnlich scharf kritisiert. Israel betonte jedoch, es habe nie einem Siedlungsstopp zugestimmt.
Iran-Frage für Netanjahu essentiell
Nach Einschätzung der Journalistin Gisela Dachs, die in Tel Aviv lebt, reagierte Netanjahu mit einer Aussetzung der Pläne, um es sich nicht mit den USA zu verscherzen. Dabei gehe es ihm vor allem um die Iran-Frage: «Ihm ist da eine enge Koordinierung mit den Amerikanern wichtig», sagt Dachs gegenüber SRF.
Obama habe schon vor längerem klar gemacht: Die USA stehen an Israels Seite, was den Iran angeht – aber Israel muss den Palästinensern in den Friedensgesprächen entgegenkommen. «Da scheint mir eine Verbindung zwischen den beiden Themen da zu sein», ist die Journalistin überzeugt.
Allerdings schätzt Dachs die Erfolgschancen der Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern als gering ein. «Aber es ist auch die Frage: Wer ist der, der die Gespräche zum Scheitern bringt?» Deshalb hätten beide Seiten ein Interesse, möglichst lange im Spiel zu bleiben.