Darum geht es: Der Präsident des westafrikanischen Sierra Leone schlägt Alarm – und spricht im Zusammenhang mit der «Zombie-Droge» Kush von einer «existenziellen Krise» im Land. Anfang April rief Julius Maada Bio deshalb den Notstand aus. Die Droge Kush breitet sich im bitterarmen Sierra Leone rapide aus. Im Land mit knapp acht Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern sollen schon tausende Personen, meist junge Männer, von der Droge abhängig sein. Viele sterben an dem gepanschten Stoff, der pro Portion umgerechnet rund 20 Rappen kostet.
Synthetische Droge: Das stark süchtig machende Kush wird geraucht und besteht aus unterschiedlichen Substanzen – je nachdem, wer die Droge hergestellt hat. Grundlage bildet Cannabis, dem Opioide wie Tramadol und Fentanyl, Lösungsmittel wie Aceton oder auch Formalin hinzugefügt werden. Gerade Formalin ist hochgiftig und wird etwa zur Konservierung von Leichen benutzt. Das angebliche Beimengen von menschlichen Knochen – auch deshalb der Name «Zombie-Droge» – ist bisher nicht nachgewiesen worden.
Konsumenten schlafen ein: «Zombie-Droge» wird Kush auch wegen ihrer oft sedierenden Wirkung genannt. Konsumenten wirken oft wie ferngesteuert und laufen zuweilen völlig unkoordiniert umher. Das hat insbesondere in der Hauptstadt Freetown bereits zu vielen Strassenunfällen geführt – immer wieder laufen Konsumenten unvermittelt in den Verkehr. Wegen der unterschiedlichen Zusammensetzung wirkt die Droge zuweilen aber auch weniger einschläfernd als vielmehr euphorisierend.
Tödliche Abhängigkeit: Belastbare Zahlen zu den Drogentoten in Sierra Leone gibt es keine. Trotzdem sieht der Präsident die Zukunft des Landes auf dem Spiel – und schlägt deshalb Alarm. Bio will der Drogenepidemie nun mit einem Fünfpunkteplan entgegentreten: Neben verstärkter Prävention und besserer Behandlung von Süchtigen gehört dazu ein härteres Durchgreifen gegen den Drogenhandel. Letzteres könnte sich allerdings als schwierig erweisen. Denn auch Polizisten sollen am Kush-Handel beteiligt sein.
Ganze Region betroffen: Der Konsum der Droge ist auch in den Nachbarländern Liberia und Guinea weitverbreitet. In Liberia etwa konsumieren vor allem ehemalige Kämpfer des Bürgerkriegs die Droge. Viele von ihnen leiden an posttraumatischen Belastungsstörungen. Die Verbreitung über die Landesgrenze hinweg zeigt, dass Kush Teil eines grösseren regionalen Problems in Westafrika ist. Das macht die Notwendigkeit für grenzüberschreitende Kooperationen und gemeinsame Strategien zur Bekämpfung des Drogenhandels und der Drogenabhängigkeit in der Region umso dringender.