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Neue Erkenntnisse zu Flug MH17 «Der Kreml sitzt durch seine Rolle mit auf der Anklagebank»

Der Abschuss der Boeing der Malaysia Airlines MH17 am 17. Juli 2014 über der umkämpftem Ostukraine hatte 298 Tote gefordert. Gemäss den internationalen Ermittlern feuerten prorussische Separatisten die russische Buk-Luftabwehrrakete ab. Die jüngsten Erkenntnisse untermauerten die Verstrickung des Kremls in diesen Krieg weiter, sagt SRF-Korrespondent David Nauer.

SRF News: Was ist brisant an den neuen Informationen?

David Nauer: Die Ermittler haben abgehörte Telefongespräche zwischen führenden Separatisten und russischen Regierungsbeamten aus dem Jahr 2014 veröffentlicht. Erstere sprachen damals ziemlich offen darüber, dass sie Kämpfer und Geld brauchten und dass in der Ostukraine ohnehin bereits die Russen das Sagen hätten. Aus den Gesprächen geht hervor, dass Russland letztlich die Separatisten gelenkt hat in der Zeit. Es ist also ein weiterer sehr starker Hinweis, dass die Russen am Abschuss dieses Flugzeuges auch ganz entscheidend beteiligt waren.

Wie sind die niederländischen Ermittler an die Telefonmitschnitte gekommen?

Das weiss man nicht sicher. Allerdings ist davon auszugehen, dass ukrainische oder westliche Geheimdienste die Gespräche abgehört haben. Dies ist denn auch der Schwachpunkt an diesem Material, denn die Russen können das Material einfach als Fälschungen aus unklaren Quellen zurückweisen. Auch wenn sie echt wirken, stammen sie doch auch unklaren, nicht überprüfbaren Quellen.

Welchen Einfluss hat das neue Material auf den Fall MH17?

Man weiss schon lange, dass Russland die Separatisten in der Ostukraine weitgehend gelenkt hat. Die Gespräche zeigen in weiteren Details nun immer genauer, wie die Russen vorgingen. Was MH17 betrifft, gibt es keine direkten neuen Erkenntnisse. Es wird aber immer klarer, dass es kein innerukrainischer Bürgerkrieg war, sondern ein russischer Angriff. Dies wiederum hat Folgen für die MH17-Ermittlungen, denn der Kreml sitzt durch seine Rolle mit auf der Anklagebank, nicht zuletzt durch die in der Ostukraine stationierte Flugabwehrrakete.

Russland weist jegliche Mitschuld zurück. Wird der neue Bericht etwas ändern?

Russland bleibt bei seiner Version und versucht, die Ermittlungen zu diskreditieren. Die Sprecherin des Aussenministeriums warf den niederländischen Ermittlern Voreingenommenheit vor. Russland sei von Anfang an vorverurteilt worden. Die neuen Beweise müssten erst überprüft werden, denn es habe bereits viele Fälschungen gegeben. Russland kann seine Verstrickungen in den Krieg in der Ostukraine gar nicht zugeben, denn sonst würde die Version des Kremls als Lügengebilde auffliegen.

Der internationalen Ermittler haben einen Zeugenaufruf gemacht. Ist das nicht aussichtslos?

Das ist schwer zu sagen. Offenbar haben bereits mehrere ehemalige Kämpfer mit den Ermittlern gesprochen. Zugleich dürfte es für Russen oder Bewohner der Separatistengebiete ziemlich gefährlich sein, sich bei den Ermittlern zu melden. Das wissen die Niederländer und haben ein Zeugenschutzprogramm organisiert. Sie zeigen auf ihrer Webseite auf, wie man Kontakt aufnehmen kann. Dass fünf Jahre nach den Ereignissen noch relevante Zeugen vorsprechen, ist aber zu bezweifeln.

Das Gespräch führte Rino Curti.

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