Das Wichtigste in Kürze
- Dass der Schweizer Thomas Greminger neuer Generalsekretär der OSZE werden soll, ist ein Erfolg für die Schweizer Diplomatie.
- Die Schweiz geniesst in der OSZE als neutrale Vermittlerin einen guten Ruf, und Greminger kennt die Organisation seit Langem.
- Greminger tritt ein anspruchsvolles Amt in einer zerstrittenen Organisation an.
Die 57 Mitgliedstaaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) haben sich auf Thomas Greminger als neuen Generalsekretär geeinigt. Das bestätigt Österreichs Aussenminister Sebastian Kurz, der zurzeit den Vorsitz in der OSZE führt. Erhebt niemand nachträglich Widerspruch, kann der 56-jährige Schweizer sein Amt nächste Woche antreten. Gremiger ist derzeit Vizeschef bei der Direktion für Entwicklungszusammenarbeit des Bundes.
Für die Schweizer Diplomatie ist es ein grosser Erfolg, in einer wichtigen internationalen Organisation den Chefposten zu besetzen – besonders für Aussenminister Didier Burkhalter, der zuvor selber als künftiger OSZE-Generalsekretär gehandelt worden war, dann aber Greminger vorschlug.
Greminger kennt die OSZE
Die Einigung auf Greminger hat hauptsächlich zwei Gründe: Erstens hinterliess die Schweiz, die 2014, als die Ukraine-Krise ausbrach, die OSZE präsidierte, als neutrale Vermittlerin einen exzellenten Eindruck. Das dürfte auch die Russen überzeugt haben, an deren Widerstand momentan in der OSZE manches scheitert.
Zweitens kennt Greminger die Organisation seit Langem. Er war Berns Vertreter an deren Hauptsitz in Wien. Mehrfach amtierte Greminger als OSZE-Sprecher, etwa als es um den Abschuss des Malaysia-Airlines-Fliegers oder um den Aufbau der Beobachtermission in der Ostukraine ging.
Die OSZE nutzt die Chance, in allen Ländern präsent zu sein, auch für menschenrechtliche Anliegen.
Er ist ausserdem sattelfest in zentralen OSZE-Dossiers wie Menschenrechte, Demokratieförderung und Friedenspolitik. Ausserdem gilt der Generalstabsoffizier als zugänglich, unkompliziert, als Schaffer und nicht als Selbstdarsteller.
Neuer Ost-West-Konflikt
Vor seiner offiziellen Kür äussert sich Greminger nicht zu seinem künftigen Amt. Frühere Aussagen deuten aber an, wie er vorgehen will. Indem er auf jene Felder setzt, in denen noch Konsens besteht in der Organisation, die seit dem neuen Ost-West-Konflikt zutiefst gespalten ist. Zu diesen Feldern gehört etwa der Kampf gegen Folter.
Oder indem er durch Präsenz vor Ort unspektakulär Projekte vorantreibt, auch in der bei Russen und Türken, aber auch in Ungarn, im Kaukasus und in Zentralasien unpopulären Menschenrechtspolitik. «Wenn man etwas genauer hinschaut, dann stellt man fest, dass die OSZE die Chance, in allen Ländern präsent zu sein, geschickt nutzt, auch für menschenrechtliche Anliegen», sagte Greminger.
Anspruchsvolles Amt
Er dürfte sich keine Illusionen machen. Sein künftiges Amt ist anspruchsvoll. Erfolge, selbst bescheidene, müssen mühsam erkämpft werden. Die OSZE ist in einer heiklen Lage. Reformen wären dringlich, sind aber angesichts der Querelen zwischen den Mitgliedstaaten derzeit schwer durchzusetzen. Der neue Chef muss dicke Bretter bohren.