Das Gesetz: «Global Magnitsky Human Rights Accountability Act» – das ist der sperrige Name eines neuen US-Gesetzes, das vor kurzem verabschiedet wurde und ändern soll, wie Menschenrechtsverletzungen geahndet werden. Es erlaubt dem Präsidenten, einzelne Personen statt einzelne Staaten mit Sanktionen zu belegen – und das weltweit.
So funktioniert es: Laut Gesetz können Nichtregierungsorganisationen und Mitglieder des US-Kongresses krasse Menschenrechtsverletzungen melden. Das Aussenministerium schaut sich die Fälle an, der Präsident entscheidet, wer auf die schwarze Liste kommt.
In einer perfekten Welt müssten sich diese Leute vor lokalen Gerichten verantworten. Das ist aber kaum je der Fall. Jetzt können wir sie direkt treffen.
Offene Fragen: Unklar ist, ob und wie oft Donald Trump von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wird. Wenn, dann wohl eher gegen Chinesen oder Iraner als gegen Russen, vermuten Experten. Auch sonst gibt es einige offene Fragen zum Gesetz. Wird die Rechtstaatlichkeit verletzt, weil man sich vor Gericht nicht gegen solche Sanktionen wehren kann? Oder wie kommt man von der Liste wieder weg – auch, wenn man irrtümlicherweise dort gelandet ist? Für eine überwältigende Mehrheit im US-Kongress – Demokraten und Republikaner – ist das alles kein Problem. Auch nicht, dass die USA einseitig Sanktionen verhängen, und als Menschenrechtspolizist auftreten.
Der Urheber: Der Kongressabgeordnete Jim McGovern aus Massachusetts ist einer der treibenden Kräfte hinter dem weltweiten Magnitski-Gesetz. Seit Jahren hat es ihn geärgert, dass es nur wenige Möglichkeiten gibt, gegen Diktatoren und weitere Personen in Führungspositionen vorzugehen, die die Menschenrechte mit Füssen treten. Mahnende Worte, Sanktionen vielleicht – doch diese trafen die Bevölkerung oft härter als die Mächtigen. Mit dem neuen Gesetz ändert sich das jetzt. «In einer perfekten Welt müssten sich diese Leute vor lokalen Gerichten verantworten. Das ist aber kaum je der Fall. Jetzt können wir sie direkt treffen. Mit dem Gesetz können wir deren Gelder in den USA einfrieren und Visa-Sperren verhängen, damit sie mit ihren Kindern nicht mehr ins Disneyworld gehen oder sonst in die USA ein- und ausreisen können.»
Die Selbstkritik: Auch die USA seien nicht perfekt, gibt McGovern zu. Auch seine Regierung habe die Menschenrechte immer wieder verletzt. Er würde sich manchmal wünschen, andere Staaten stellten die USA deswegen ebenfalls öfter an den Pranger – und nennt als Beispiele die Folterungen nach 9/11 und das Gefängnis auf Guantanamo. Alle könnten mehr tun – die USA und die Welt. «Wenn wir uns auf eine Debatte einlassen, wonach man nichts tun dürfe, weil man selber nicht perfekt sei oder kein formelles Gericht zuständig sei, dann können wir unser Nichtstun immer rechtfertigen. Doch genau das, nämlich Nichtstun, haben wir viel zu lange getan.»
Die Vorgeschichte: Ursprünglich war das Gesetz gegen Russland gerichtet. Daher auch der komplizierte Name: Sergei Magnitski, ein russischer Anwalt, kam vor mehreren Jahren einem riesigen Steuerbetrug auf die Spur. Wichtige Leute in der russischen Verwaltung waren involviert. Er meldete den Fall den Behörden – diese sperrten ihn ein. Magnitski kam im Gefängnis auf mysteriöse Weise ums Leben. Umgebracht, sagen seine Arbeitskollegen. Vor vier Jahren hat der US-Kongress die Fassung des Gesetzes verabschiedet, die sich gegen russische Exponenten richtet. Seither haben die USA fast 40 Russen mit Sanktionen belegt. Nun also wurde das Gesetz auf die ganze Welt ausgedehnt. Senator John McCain erklärt warum: «Nicht nur in Russland, überall gibt es Menschenrechtsverletzungen, und gegen die müssen wir vorgehen.»