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Neues Gesetz in Ungarn Regierung Orban geht gegen Kritiker vor

Ein neues Gesetz zum Schutz der Unabhängigkeit wird von der ungarischen Regierung als Waffe gegen Kritiker missbraucht.

Ungarische Minister machen Ferien auf der Jacht eines Oligarchen, der mit üppigen Staatsaufträgen noch reicher wird. Selten hatte ein Skandal die Regierung von Viktor Orban derart bloss gestellt wie dieser.

Recherchiert und enthüllt hatte sie atlatszo.hu, eines der wenigen noch existierenden unabhängigen Medien in Ungarn. Doch jetzt geht die Regierung der Internetzeitung an den Kragen. Die neu geschaffene Souveränitätsbehörde ermittelt gegen Atlatszo.hu.

Offizielle Begründung: Das Medium werde teilweise aus dem Ausland finanziert und gefährde möglicherweise die Unabhängigkeit Ungarns.

«Ein reiner Racheakt der Regierung»

«Das Verfahren gegen uns ist ein reiner Racheakt der Regierung», sagt Tamas Bodoki, Chefredaktor von atlatszo.hu. Das Ziel der Regierung sei es, auch die letzten unabhängigen Medien unter Kontrolle zu bringen.

Stimmt nicht, sagt Lörinc Nacsa, stellvertretender Fraktionschef der Christdemokratischen Partei, die seit vierzehn Jahren zusammen mit Viktor Orbans Fidesz-Partei Ungarn regiert.

«Wenn jemand nichts zu verbergen hat, dann hat er bei diesen Ermittlungen nichts zu befürchten. Unser Ziel ist, zu verhindern, dass mit Geldern aus dem Ausland die Meinung und der Wahlwille der ungarischen Menschen beeinflusst wird.»

Vor den Wahlen 2022 seien Millionen von Dollars an Oppositionsparteien geflossen, so Nacsa. «Deshalb mussten wir ein strengeres Gesetz in Kraft setzen.»

«Eine gut getarnte Waffe gegen Kritiker»

Allerdings: Atlatszo war nie politisch tätig und hat das auch nicht vor.

Doch jetzt scheint einzutreten, wovor Marton Tompos von der Oppositionspartei Momentum schon kurz nach Inkrafttreten des neuen Souveränitätsgesetzes in der Tagesschau von SRF warnte: «Dieses Gesetz ist eine gut getarnte Waffe gegen Kritiker und kritische Medien. Diese Gummi-Paragrafen kann die Regierung nach Lust und Laune gegen Andersdenkende auslegen.»

Dieser Anschein entsteht besonders beim zweiten Verfahren, das das die neue Behörde eröffnet hat. Es geht gegen Transparency International Ungarn. Jene Nicht­regierungs­organisation, die seit Jahren über Korruption in Ungarn informiert.

Ihr Chefjurist Miklos Ligeti sagt: «Ungarn ist der korrupteste Staat der Europäischen Union. Alles, was wir an Korruption enthüllen, ist eine existentielle Bedrohung für die Regierung von Viktor Orban. Das ist der Grund, warum die neue Souveränitäts­schutz­behörde gegen uns ermittelt.»

Tatsächlich erhält auch Transparency International Ungarn Geld aus dem Ausland. Doch die Organisation war nie politisch tätig und trat nie zu Wahlen an.

«Unklar formuliertes Gesetz»

«Ich bin Jurist. Aber das Gesetz ist so unklar und vage formuliert, dass ich nicht erkennen kann, welche Aktivitäten laut diesem Gesetz die nationale Unabhängigkeit bedrohen», sagt David Vig, Direktor Amnesty International Ungarn.

Dazu passt: Verdächtige müssen laut dem neuen Souveränitätsgesetz nicht angehört zu werden. Die Schlussfolgerungen der Behörde lassen sich juristisch nicht anfechten. Die EU-Kommission entschied deshalb bereits im Februar, dass dieses neue Gesetz gegen EU-Recht verstosse.

Trotzdem wendet es die Regierung Orban jetzt an. Unabhängige Fachleute sehen es als weiteren Rückbau von Demokratie und Rechtsstaat in Ungarn.

Tagesschau, 07.09.2024, 19:30 Uhr;lehl

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