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Neues Transparenzgesetz Frankreich: Regierung will Vertrauen – Justiz untersucht Minister

Die neue französische Regierung hat ein Transparenzgesetz vorgestellt, welches das Vertrauen in die Politik wieder stärken soll. Fast gleichzeitig hat die Justiz Voruntersuchungen gegen Richard Ferrand, den Minister für den territorialen Zusammenhalt und engen Macron-Vertrauten, aufgenommen.

Es war ein zentrales Wahlversprechen von Präsident Emmanuel Macron: Der französische Justizminister hat heute Nachmittag ein Gesetz für mehr Transparenz und weniger Interessenkonflikte in der Politik vorgestellt. Es soll in Frankreich eine neue Grundlage des Vertrauens zwischen Bürgern und ihren Politikern schaffen.

Justizminister François Bayrou erklärte: «In den letzten Jahren hat sich eine Praxis breitgemacht, die bei vielen Bürgern den Eindruck hinterliess, dass für gewählte Politiker andere Massstäbe gelten.» Die Regierung wolle jetzt durchsetzen, dass für alle gleiche Regeln gelten. Ihr Mittel dazu sind unter anderem eine Beschränkung für Abgeordnete auf drei Amtszeiten, ein Verbot für Parlamentarier, Familienmitglieder einzustellen und strengere Spesenregelungen.

Vorwürfe gegen Minister

Ein Stein drückt aber in Macrons Schuh: Die Justitz hat ausgerechnet gegen seinen neuen Minister für Regionalpolitik und Wohnungsbau, Richard Ferrand, Vorermittlungen aufgenommen. Der Vorwurf: Günstlingswirtschaft.

Alles, was ich in meinem Berufsleben getan habe, ist legal, öffentlich, transpartent.
Autor: Richard Ferrand Französischer Minister für den territorialen Zusammenhalt

Ferrand habe seinen Sohn als persönlichen Mitarbeiter im Parlament angestellt – was in Frankreich bisher noch viele Parlamentarier tun – und er habe seine Position als Generaldirektor einer privaten Versicherungsgesellschaft dazu eingesetzt, seiner Lebenspartnerin einen Mietvertrag zuzuspielen.

Ferrand selbst wies die Vorwürfe zurück. «Alles, was ich in meinem Berufsleben getan habe, ist legal, öffentlich, transpartent», sagte er. Zurücktreten werde er nicht. Laut einer Umfrage fordern aber 70 Prozent der Franzosen genau das.

Der Vergleich zur Affäre um den konservativen ehemaligen Präsidentschaftskandidaten François Fillon ist dabei nur teilweise zutreffend. Zwar stimmt er in Bezug auf die Anstellung von Ferrands Sohn – Fillon wird vorgeworfen, seiner Frau eine Scheinanstellung verschafft zu haben –, allerdings geht es um ganz andere Zahlen. Ferrands Sohn erhielt während sechs Monaten den gesetzlichen Mindestlohn, während Fillon seiner Familie über 20 Jahren fast eine Million Euro zugeschanzt haben soll. Im Fall des Imobilliengeschäfts mit Ferrands Lebenspartnerin ging es zudem nicht um öffentliche Gelder.

Probleme bei den Parlamentswahlen?

Klar ist: Für die neue Regierung ist dieser Fall äusserst unangenehm. Er kratzt an ihrer Glaubwürdigkeit. Ferrand ist ein enger Vertrauter von Macron und es ist offensicht, dass er sich in diesem Fall nicht exemplarisch verhalten hat. Die Regierung wird wohl trotzdem an ihm festhalten, da juristisch kaum etwas an ihm hängenbleiben dürfte. Regierungschef Edouard Philippe sagte, solange es nur bei Vorermittlungen bleibe, ändere sich für Ferrand nichts.

Die politischen Gegner der Regierung haben aber jetzt auch leichtes Spiel, auf die Doppelmoral des Falls hinzuweisen. Es könnte sogar sein, dass die Affäre Macrons Partei «La République en marche!» bei den Parlamentswahlen Stimmen kostet. Gleichzeitig ist aber auch festzustellen: Macron profitiert noch immer von viel gutem Wählerwillen. Die Wähler haben bei der Präsidentschaftswahl angezeigt, dass sie eine politische Erneuerung anstreben. Daran ändert sich auch in Bezug auf die Parlamentswahlen nichts.

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