SRF News: Wer hat aktuell die besten Karten für eine Regierungsbildung?
Rolf Pellegrini: Der jetzige Kenntnisstand deutet auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen. An der Spitze steht die Listenverbindung der Rechten. Sie umfasst die Forza Italia von Silvio Berlusconi, die Lega von Matteo Salvini und die kleine Rechtsaussen-Gruppierung Fratelli d'Italia. Aber die Listenverbindung ist noch keine wirkliche Regierungsallianz – und Salvini beansprucht, wenn er die meisten Stimmen bekommen sollte, als Premierminister aufgestellt zu werden. Es ist aber kaum vorstellbar, dass Berlusconi dies akzeptieren würde.
Der Altmeister, der im Land plötzlich wieder etwas zählt, will einen Premierminister, der aus den Reihen von Forza Italia kommt. Das wiederum würden Salvini und seine Lega kaum hinnehmen. Es riecht nach Krach – wenn nicht vor, dann nach den Wahlen.
Hoffnung auf einen Wahlsieg macht sich auch die Protestbewegung Cinque Stelle von Beppe Grillo. Sie wollte bisher immer unabhängig sein. Doch sie braucht einen Alliierten, um regieren zu können. Überdies ist ein bisschen von ihrem Glanz abgeblättert. In Rom stellt die Bewegung ja die Bürgermeisterin. Sie hat im schwierigen Umfeld der Hauptstadt aber noch keine grossen Stricke zerrissen.
Renzis forscher Stil missfiel immer mehr Leuten.
Der ehemalige Regierungschef Matteo Renzi wollte eigentlich zurück an die Macht. Momentan scheint seine Partei, der Partito Democratico, aber nicht auf der Siegesstrasse zu wandeln. Was ist da los?
Renzi war vor fünf Jahren etwas Neues, etwas Unverbrauchtes. Ein Draufgänger mit flinker Zunge und enormer Schlagfertigkeit. Einer der brutal sagte, die «Kaziken» des Partito Democratico müssten verschrottet werden. Damit kam er eine Zeit lang durch. Als die Erfolge ausblieben, weil die Wirtschaftskrise Italien beutelte, begehrten viele auf: die schrumpfende Mittelschicht, die Jungen und Älteren ohne Arbeit, das Heer der Arbeitslosen.
Renzis forscher Stil missfiel immer mehr Leuten. Vor allem aber auch, weil unter den alten Parteichefs, die Renzi aufs Abstellgleis abschieben wollte, die wahre Linke sehr stark vertreten war. Diese Linke sonderte sich ab, verliess die Partei und versagt Renzi nun jegliche Unterstützung.
Das Gespräch führte Isabelle Maissen.